Ernest Hemingways Paris – Ein Fest fürs Leben hieß in der DDR leicht abgewandelt: Ein Fest fürs Leben. Zwanzig Pariser Skizzen. Auch nicht schlecht! Foto: W. Stock, 2025.

In einem Antiquariat erstehe ich ein kleines Konvolut mit Büchern und Veröffentlichungen von Ernest Hemingway, die vor fünf Jahrzehnten in der Deutschen Demokratischen Republik verlegt worden sind. Im deutschen Sozialismus also. Ein Fest fürs Leben. Zwanzig Pariser Skizzen. Ich lese die Ausgabe als Ausweis für die Reputation dieses Jahrhundert-Autors im Kommunismus. Aus dem Reclam Verlag, Leipzig. Verkaufspreis 2 Mark (DDR).

Das ostdeutsche Verlagshaus hat für sein Verbreitungsgebiet eine Unterlizenz des Rowohlt Verlags in Hamburg erstanden. Als Übersetzerin zeichnet Gudrun Strelow verantwortlich. Änderung zur westdeutschen Fassung erfolgen allerdings in homöopathischer Dosis, mal wird hier ein Verb geändert oder ein Adjektiv getauscht. Ein umsichtiger Schachzug. Die bewährte Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst schlägt weiterhin voll durch. Der Hemingway-Sound bleibt damit gesichert – hüben wie drüben.

Gibt es darüber hinaus Unterschiede zur westdeutschen Ausgabe? Zunächst fällt auf, dass man eine solche Unterlizenz nicht als Erzeugnis für die Resterampe angelegt hat. Man hätte – wie im Verlagsgewerbe bei Lizenzausgaben oft üblich – die fertigen Satzfilme der Originalausgabe übernehmen und billig nachdrucken können. Stattdessen erstellt der DDR-Reclam Verlag einen neuen Satz und ändert zudem ein paar Kleinigkeiten in der Typografie wie Anführungszeichen und Kursiv-Setzungen.

Damit kommen wir nicht ans Ende aller Mühen. Daneben findet sich in dem DDR-Hemingway ein Anmerkungsteil, der sich inhaltlich auf seine Skizzen bezieht. Dort bekomme ich übersetzt und erklärt, was denn Pommes à l’huile sind oder wer Ernest Walsh war. Meine westdeutsche Ausgabe lässt mich bei diesen Fragen dumm zurück.

Zu den Skizzen gesellt sich ein Nachwort von Gudrun Strelow. Auf 15 Seiten wird das Werk Hemingways scharfsinnig eingeordnet und der Leserschaft die historischen Zusammenhänge vor Augen geführt. Die Zeilen machen zurecht darauf aufmerksam, wie tief der Reifeprozess gewesen ist, den der Amerikaner in Paris durchlaufen hat. Als Mensch und Literat. Es bleibt zu erwähnen, dass Frau Strelow den späteren Nobelpreisträger in ihren Ausführungen fair und profund charakterisiert.

Plus zwölf Zeitdokumente. Dies ist ein gelungener Kniff. Während Hemingway in seinen Pariser Skizzen nebst der Lobrede auf die Seine-Metropole vor allem Kollegen und Freunde porträtiert, schauen die Dokumente ins Spiegelbild. Die Lektoren haben zwölf Texte gesucht und gefunden, mit Anmerkungen von Zeitgenossen über Ernest Hemingway. Die Interviews, Memoirenfragmente und Artikel runden so das Bild ab. Chapeau!

Es wundert nicht, dass die DDR-Variante mit all den Ergänzungen auf 225 Seiten kommt, die westdeutsche Ausgabe sich hingegen mit 125 Seiten begnügen darf. Positiv ist mir zudem aufgefallen, dass der ostdeutsche Verlag uns mit dem marxistischen SED-Gesülze verschont. Es wird kein Versuch unternommen, den Mann aus Chicago ideologisch irgendwie hinzubiegen.  

Dennoch bleibt die Verehrung des Ernest Hemingway für die DDR-Oberen eine Gratwanderung. Schon wegen der unmittelbaren Nachwirkung: Der US-Amerikaner schildert Paris in seinem Werk mit solcher Verve und Anmut, dass man am liebsten sofort die Koffer packen würde. Für DDR-Bürger jedoch ein unerfüllbarer Traum. So erzeugt man Enttäuschung. Da bringt ein Verlag die Lobeshymne heraus auf eine Metropole voll mit Kultur und Lebensfreude, dem geneigten Leser zwischen Rostock und Dresden aber bleibt verboten, selbst einmal nachzuschauen.

Insofern erweist sich ein Weltenbummler wie Ernest Hemingway als überaus heikel für den Sozialismus, sei es in der DDR oder anderswo. Ein Nonkonformist wie er bleibt schwierig einzuhegen. In ein Staatswesen, das nicht das Individuum, sondern das Kollektiv auf die oberste Stufe stellt. Da kann keine aufrichtige Liebe sprießen, es werden höchstens wirklichkeitsfremde Sehnsüchte geweckt.

Vor allem da dieser Nobelpreisträger aus dem Jahr 1954 jemand ist, der sich wenig um politisch Korrektes schert. In diesem Sinne wirkt ein Hyper-Individualist wie Hemingway trotzköpfig auf jede kollektivistische Ideologie. Subtil kommt diese

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