Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Autor: Wolfgang Stock Seite 4 von 56

10 Restaurant-Tipps: Am Tisch mit Ernest Hemingway

Platz 10: El Pasaje, Conil de la Frontera
Sommer 1959. Conil de la Frontera in Andalusien. Ernest speist im volkstümlichen 'El Pasaje'. Meine Empfehlung: Der Atún Rojo, der rote Thunfisch, den es nur in der Gegend um Cádiz gibt. Eine Offenbarung für den Gaumen.
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Ernest Hemingway ist kein Literat für den Elfenbeinturm. Ohne Bodenhaftung fühlt sich dieser kernige Naturbursche nicht wohl, ebenso wenig beim Plausch innerhalb der intellektuellen Crème de la Crème. In der Ferne findet er den Balsam für seine Seele, mitten unter bescheidenen Fischern, zünftigen Schankwirten und bodenständigen Ladenbesitzern, in den Restaurants mit den vorzüglichen Speisen. Auf Kuba, vor den Keys, in Barcelona und Andalusien, in Venedig oder Paris. 

In den Restaurants schreibt Hemingway und hier findet er seine Themen. Er grübelt nach über die wichtigen Themen seiner Welt: Über die Lust am Leben und über die wahre Liebe. Hier macht er sich ebenso seine Gedanken über das Sterben. Die Liebe, das Leben und der Tod – es sind Herausforderungen, die jeden umtreiben. Und es sind die Themen seiner Bücher. Diese Vertrautheit zum Individuum und zu dessen Nöten mag erklären, warum dieser Nobelpreisträger solch enorme Spuren hinterlassen hat, während man sich an die Namen anderer Nobelkollegen jener Jahre kaum mehr erinnern kann. 

Ernest Hemingway, der sich von Freunden gerne Papa rufen lässt, ist nicht unbedingt ein Schreiber für die gebildete Hautevolee. Im Gegenteil. Er geht hinaus in die Welt und hinein in das Leben. Und so tut sich ein beschwingtes Panorama auf vor Ernest Hemingway. Gaumenfreude in allen Variationen, Bier und Wein, ein nie gekanntes Schlaraffenland. Kneipen, Cafés, Bistros, Brasserien, Restaurants. Dazu Pâtisserien und  Boulangerien. Speisen und Getränke – besser geht es nicht auf dieser Welt.

Insbesondere wenn man sich vor Augen hält, dass in seiner Heimat in jenen Jahren eine freudlose Prohibition herrscht. Zu zahlreich sind die kulinarischen Versuchungen, denen ein Amerikaner wo auch immer ausgesetzt wird. Doch er baut nicht nur die Lokalitäten auf als Szenerie, vielmehr fügt er sie in aller Selbstverständlichkeit ein in seinen Alltag. All die wunderbaren Orte und Plätze der Lebensfreude werden somit zu Akteuren seiner Erzählungen.

Beispielsweise entwickeln die Kellner in seinen Erzählungen ein Eigenleben, sie werden von diesem Schriftsteller behandelt wie antike Götterboten. In der Kurzgeschichte Ein sauberes, gutbeleuchtetes Café – die Geschichte spielt zwar etwas später in Spanien, ist von der Machart für Hemingway allerdings schlechthin stilbildend – rücken sie mit einem Mal zu Hauptakteuren auf.

Ernest entwickelt ein gutes Gespür für Menschen. Andernorts ein Job für Aushilfen, verfügt ein Garçon in den eleganten Pariser Restaurants und Brasserien über eine Stellung, die von Kultiviertheit und Tradition geprägt ist. Er kleidet sich auch nicht wie vom Flohmarkt, sondern umhegt den Gast in einem weißen Hemd mit Binder, einer Weste und einer Schürze. Diese Gepflogenheit mag

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Ernest Hemingway geht den mühsamen Weg

Ernest Hemingway – ein Kämpfer.

Dieser Riese ist ein Kämpfer. Ernest Hemingway hat bei unzähligen Gelegenheiten Mut und Tapferkeit bewiesen. Schon als junger Mann von 18 Jahren hat er das Idyll der Vorstadt verlassen und das Abenteuer gesucht. Am eigenen Leib hat er erforschen wollen, wo die Grenzen des Menschen liegen.  

Schon als junger Sanitätsfahrer im Ersten Weltkrieg, wo sein Leben an der Veneto-Front auf dem Spiel stand. Und später war er überall dort, wo es krachte und knallte. Im Hürtgenwald in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs, in Spanien, wo sich Brüder und Freunde im Bürgerkrieg gegenseitig abschlachteten, und auf Kuba, wo Rebellen seit Jahren gegen korrupte Machthaber kämpften.

Ein unruhiger Charakter bummelt durch die Welt. Italien, Paris, Spanien, Afrika, Kuba. Sein Heimatland kriegt ihn nur sporadisch zu Gesicht. Auch schreibt er lieber über die Ferne. Er hätte Hausarzt in Oak Park werden können, so waren die Pläne der Eltern in Chicago. Doch er hatte andere Vorstellungen. Seine Suche gilt dem Kern der Evolution, er sucht tief und weit, draußen und drinnen.

Besonders am Wasser erhofft sich Ernest Hemingway Antworten auf seine Fragen. Am Meer und an den Flüssen denkt er über die wichtigen Themen seiner Welt nach: über die Freude am Leben und über die wahre Liebe. Und er denkt auch über den Tod nach. Liebe, Leben und Tod sind die Herausforderungen, die uns alle beschäftigen. Und sie sind die Themen seiner Bücher.

Die Nähe zum Menschen und seinen Fragen mag erklären, warum dieser Nobelpreisträger so große Spuren hinterlassen hat, während die Namen anderer Preisträger aus jenen Jahren kaum noch in Erinnerung geblieben sind. Und, auch das ist außergewöhnlich in der Weltliteratur, Ernest Hemingways Geschichten werden mit großer Hingabe verschlungen, vor allem von einfachen Menschen.

Selbst Männer und Frauen, die sonst keine begeisterten

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Ernest Hemingway: Der letzte Abend vor dem Selbstmord

Christiania 
Ketchum Idaho
Hemingway
Ein letztes Mahl in seinem Lieblingsrestaurant Christiania. Photo by Wolfgang Stock, Ketchum 2018.

Der große Ernest Hemingway, gefeiert von aller Welt, ist am Ende seiner Lebensreise ernüchtert und unglücklich.  Große Männer fallen tief. Und er, der beste Schriftsteller seiner Zeit, fällt tief, ganz tief. Seine italienische Übersetzerin Fernanda Pivano, die ihn aus den Büchern und vielen Begegnungen gut kennt, meint nach seinem Selbstmord: „Ernest schien nie wirklich glücklich. Er war unaufhörlich auf der Jagd nach seiner selbst. Nie fand er den Frieden mit sich.“

Die letzten Tage seines Lebens sind entsetzlich für ihn. Alles, was er liebt, wird unerreichbar. Der Schatten auf seiner Schulter ermächtigt sich seiner. Der Autor ist an den Zeitpunkt gelangt, an dem er abschließen möchte mit der Welt, er sieht keinen Sinn mehr und keinen Lichtblick in seinem Leben. Er möchte es zu einem Ende bringen, es soll jedoch ein Abschied sein nach seinen Regeln.

Am letzten Abend gehen die Mary und Ernest Hemingway mit ihrem Freund George Brown in das Christiania Restaurant an der Walnut Avenue im Zentrum von Ketchum. The Christy, wie das Haus bei den Einheimischen genannt wird, in ein rustikales, aber doch vornehm gehaltene Speiselokal aus Holz. Der Schriftsteller erhält seinen Stammtisch, Tisch Nummer 5, den Ecktisch hinten links, von dort aus vermag er den ganzen Speiseraum zu überblicken. Es ist Samstag, der 1. Juli 1961.

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Am Abend des 1. Juli 1961 besucht Ernest Hemingway zusammen mit Mary und einem Freund das Christiania. Stunden später wird der Nobelpreisträger tot sein. Photo by W. Stock, Ketchum 2018.

Ein kräftiges New York Steak, wie immer rare gebraten, dazu Idaho-Kartoffeln und ein einfacher grüner Salat, es ist sein Lieblingsgericht. Ernest trinkt dazu eine Flasche Châteauneuf-du-Pape, seinen roten Lieblingswein. Mary nimmt den Caesar Salad mit Parmesan und bleibt den ganzen Abend bei Martini. Doch die Paranoia lässt ihn auch im Christiania nicht los. Längere Zeit sitzt der bärtige Autor versunken und schweigend am Tisch.

Wer sind die beiden Männer dahinten, fragt Ernest Hemingway unvermittelt dann die Kellnerin June Maella, eine 20-jährige Einheimische, die den berühmten Schriftsteller im Christiania schon häufig bedient hat. Ich glaube, es sind zwei Vertreter aus Twin Falls, bekommt er zur Antwort. Nein, nein, sagt der Nobelpreisträger fahrig, nicht am Samstagabend, da müssten sie bei ihren Familien sein. Das sind

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Gemein! Wie Ernest Hemingway seiner Frau den Job wegnahm

Die gesammelten Kriegsreportagen von Martha Gellhorn erschienen als Buch unter dem Titel The Face of War.

Martha Gellhorn, die dritte Mrs. Hemingway, arbeitet nach Hochzeit mit Ernest im November 1940 weiterhin mit voller Energie an ihrer Karriere. Beruflich ist die renommierte Journalistin ständig auf Achse. Guam, die Philippinen, überall wird die neue Mrs. Hemingway hofiert wie eine Filmdiva aus Hollywood.

In der Branche und auch bei den Lesern festigt sie ihre Reputation als unerschrockene Berichterstatterin, es gibt nicht wenige Kenner, die in Martha Gellhorn die beste Kriegsreporterin aller Zeiten sehen. Die ehrgeizige Journalistin schreibt unentwegt, veröffentlicht ihre Artikel und publiziert Bücher, bis an ihr Karriereende sollten es insgesamt 20 an der Zahl werden.

„I followed the war wherever I could reach it“, verrät die couragierte Autorin ihr Motto, ein wenig mutet sie an wie die Variation eines Ernest Hemingway im Rock. Ich bin hin zu dem Krieg, wo immer es möglich war. Martha erweist sich als Reporterin jedoch hartnäckiger als Ernest, kenntnisreicher, sie bohrt sich in ihre Themen, geht dorthin, wo es wehtut. Hemingstein als Journalist hingegen schnüffelt und schnuppert zu oft nur an der Oberfläche, Marty indes beißt tief hinein. 

Die tropische  Finca Vigía in San Francisco de Paula auf Kuba bildet den Lebensmittelpunkt des Paares, ein durchweg kümmerlicher Punkt allerdings, denn Martha Gellhorn turnt ohne Unterlass in der Weltgeschichte herum, meist alleine. Die zielstrebige Journalistin nimmt ihre Akkreditierungen ernst und bleibt oft monatelang weg aus dem gemeinsamen Domizil im Süden von Havanna. 

Die blonde Amerikanerin aus  St. Louis ist eine Draufgängerin, eine Reporterin mit Haut und Haaren. Im Zweiten Weltkrieg versteckt Martha Gellhorn sich im Badezimmer eines zivilen Krankenhaus-Schiffes, um zu recherchieren, ein andermal verkleidet sie sich als Krankenpflegerin, schnappt sich eine Tragbahre und geht auf Erkundungstour.

Ernest Hemingway bleiben die journalistischen Erfolge seiner Ehefrau natürlich nicht verborgen, der Schriftsteller fühlt sich zurückgesetzt. Er reagiert zunehmend nörgelig und fängt auf Finca Vigía an, Martha zu schikanieren. Als die Journalistin im März 1944 erneut als Kriegskorrespondentin nach Europa reisen will, versucht ihr Ehemann, sie davon abzuhalten. Vergeblich. Daraufhin lässt Ernest sich zu einem perfiden Winkelzug hinreißen. 

Auch Hemingway beschießt, nach Europa zu gehen. Und heuert im April 1944 als Kriegskorrespondent bei Collier’s an, als Starschreiber kann er sich seinen Auftraggeber selber aussuchen. Collier’s allerdings ist genau jene Wochenzeitschrift, bei der Martha Gellhorn seit 1937 unter Vertrag steht. Die Akkreditierungs-Richtlinien der US Army erlauben jedoch nur einem Reporter pro Magazin, mit an die Front zu kommen.

„Ich war total blockiert“, meint eine frustrierte Martha, „indem er Collier’s gewählt hatte, ruinierte er automatisch meine Chancen, über das Kampfgeschehen zu berichten.“ Mit Ellenbogen hat sich Ernest auf Kosten seiner Ehefrau rücksichtslos nach vorne gedrückt. Man kann es auch so sehen, dass Hemingway seiner Partnerin den Job geklaut hat. Doch Martha ist kein Mensch, der sich entmutigen lässt. 

Auf eigene Faust fährt sie am 13. Mai 1944 als einziger ziviler Passagier auf einem Frachtschiff, das Dynamit geladen hat, von New York aus Richtung Europa. Ernest Hemingway nimmt vier Tage später den PanAm-Linienflug und kommt so noch vor seiner Ehefrau in London an.

Doch Martha Gellhorn schafft es auf ein

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Die 10 besten Kurzgeschichten von Ernest Hemingway

Platz 10 – Up in Michigan
Oben in Michigan. Ernest Hemingways erste Kurzgeschichte aus dem Jahr 1921. Der Schmied Jim Gilmore trifft auf seine Flamme Liz Coates – es fliegen die Funken. Und endet schlimm.
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Wie schreibt man eine gute Kurzgeschichte? Keinen Absatz mit mehr als 25 Wörtern, meint dieser Schriftsteller. Das sei der beste Tipp, den er in der Redaktion des Kansas City Star als Anfänger bekommen habe. Und Ernest Hemingway erzählt von seinen ersten Schritten als Journalist. Wie er direkt nach der Oak Park High School im Jahr 1917 als Achtzehnjähriger auf Vermittlung eines Onkels eine Laufbahn als Lokalreporter bei der Tageszeitung in Kansas City begonnen hat, wo er dann sechs Monate geblieben ist.

Kurze Sätze, Leute, kurze Sätze. Nur in der Genauigkeit liegt die Wahrheit. Geht achtsam mit der Sprache um, verkneift euch all die Schlenker und Abstecher. Beim Kansas City Star hat man den Novizen am ersten Arbeitstag ein Style Book in die Hand gedrückt. Dies sei kein Stil-Buch gewesen, sondern ein bedrucktes Blatt Papier, auf dem die eisernen Regeln gestanden haben, wie man bei der Tageszeitung die Texte zu formulieren hat.

Im ersten Abschnitt ist zu lesen: Schreibe ein kräftiges Englisch! Dann: Sei positiv, nicht negativ! Und: Lasse alles Überflüssige weg! Das war keine schlechte Schule für meine Geschichten, erklärt der Nobelpreisträger, es sei eine ausgezeichnete Anleitung gewesen, um sich einen guten Schreibstil anzueignen. Sprachliche Knappheit, das ist wie eine blutige Revolution, denn das Unnütze muss abgesäbelt werden. Die Wahrheit liegt genau dort. Kurze Sätze und auf den Punkt. 

Die einfachen Regeln, die dem unerfahrenen Reporter beim Kansas City Star eingebläut werden, dienen fortan als Grundierung von Hemingways Texten. Im Dezember 1921 siedelt Ernest mit Ehefrau Hadley nach Paris über, für sechs Jahre. Hier kommt der US-Amerikaner mit französischen Literaten in Berührung, die bei ihm einen tiefen Eindruck hinterlassen.

Vor allem fasziniert ihn Charles Baudelaires Les Fleurs du Mal und Marcel Prousts Großroman À la recherche du temps perdu. Die filigrane Kunstfertigkeit der französischen Prosa und Lyrik bestärkt ihn in der Wichtigkeit des le mot juste, des richtigen und treffenden Wortes. 

In dem literarischen Salon von Gertrude Stein in der Rue de Fleurus 27 perfektioniert der wissbegierige Kerl aus den Vereinigten Staaten seinen journalistischen Romanstil. Vor allen Dingen vervollkommnet er in Paris den hochraffinierten Effekt seiner Handwerkskunst: Ernest Hemingways Wörter und Sätze klingen eingängig und nahezu harmlos, die tiefere Bedeutung hinter dem Geschriebenen erweist sich jedoch als komplex und vielschichtig.

Ab Mitte der 1920er Jahre ist Ernest Hemingway nicht nur ein guter Autor mit eigenem Stil, sondern auch ein sprachlicher Erneuerer. Seine Art zu schreiben, ist unverbraucht. Seine Sätze klingen frisch, ebenso wie seine Themen nicht gedrechselt wirken. Ernest Hemingway besteigt die Bühne der Literatur wie ein sehnlichst herbeigewünschter Revolutionär, er wird zum Schrittmacher, der einer verunsicherten Generation eine neue Sprache und ein neues Selbstbewusstsein gibt.

Der Stil seiner Geschichten wird wegweisend: Kühl reiht der US-Amerikaner Beobachtung an Beobachtung und Dialog an Dialog. Bisweilen wirkt seine Beschreibung der Details arg

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Der schönste Hemingway-Satz: Hadley, die Glückliche

Hemingway Ernest Hadley Paris
Die Geschichten in diesem Buch sind erfunden. Ich habe viel weggelassen und verändert und herausgestrichen, und ich hoffe, Hadley versteht das. Sie wird sehen, warum ich das hoffe. Sie ist die Heldin und die Einzige, die ein Leben hatte, das gut ausgegangen ist .
Ernest Hemingway: Paris – Ein Fest fürs Leben

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Goethe, Hemingway und ein kleiner Spießer

Johann Wolfgang von Goethe. 1749 in Frankfurt am Main – 1832 in Weimar.

Johann Wolfgang von Goethe und Ernest Hemingway laufen sich im Autoren-Himmel über den Weg und kommen ins Gespräch.

Ernesto, Du siehst blass aus.
Ich war gestern Nacht an der Bar mit Bukowski. Der Kerl kann saufen wie zwei Bauarbeiter.
Du solltest es beim Valpolicella belassen, ich trinke jeden Abend ein Gläschen und halte mich jung.
Eine Flasche Valpolicella nehme ich zum Mittagessen, Johann. Abends brauche ich Johnny Walker.
Hast Du schon gehört, gestern haben sie Carlos Ruiz Zafón aus Barcelona aufgenommen.
Wirklich? Guter Schreiber, aber lausiger Trinker.
Man munkelt, er habe die Aufnahmeprüfung nur knapp bestanden.
Die sind in letzter Zeit strenger als früher.
Hast Du schon einen Blick in die heutige Presseschau geworfen, Ernesto? Wieder nichts über mich.
Johann, Du bist doch so oder so der Größte.
Über Dich wieder mengenweise. Heute heben sie Hemingways Welt hervor, ein Internet-Portal aus München, das sein zehnjähriges Jubiläum feiert.
Da steht derselbe Blödsinn drin wie in all den anderen Sachen.
Ernesto, ich wäre froh, wenn ein Blogger 500 Artikel nur über mich schreiben würde.
Ein Sesselpupser, dieser Blogger.
Aber er reist doch Deinen Lebensstationen nach und schaut an den Schauplätzen weltweit nach Spuren.
Selten dämlich! Wie kann man nur so viel Geld ausgeben?
Aber das ist ein studierter Mann, der Tom Wolfe kennt ihn, er war mal sein Verleger in Deutschland.

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Ernest Miller Hemingway. 1899 in Oak Park/Chicago – 1961 in Ketchum/Idaho. Grafik: Raúl Villarreal.

Johann, ich sag’s dir frei heraus: Ich mag diese Eierköpfe von Akademikern nicht.
Ich lese Hemingways Welt gerne, Ernesto, ich habe viel über Dich erfahren. Einmal, so hat er geschrieben, hättest Du an einem Tag drei Frau vernascht.
Was für ein kleiner Spießer, dieser Blogger!
Trotzdem Respekt, Ernesto, drei Frauen, das habe ich nicht vollbracht.
Um ehrlich zu sein, Johann, es war nicht nur einmal, ich habe es gleich mehrmals geschafft.
Über Schnee auf dem Kilimandscharo schreibt er, es sei die beste Kurzgeschichte aller Zeiten.
Ausnahmsweise hat er da recht. Obwohl Der Unbesiegte gefällt mir auch nicht schlecht. Eigentlich ist ja so ziemlich alles von mir Spitze. 
Der Blogger hat sogar eine Biografie über dich geschrieben.
Ich hab‘s gelesen, hat mir

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Stacy Keach als Hemingway in der Rolle seines Lebens

Stacy Keach
Hemingway
Stacy Keach als Ernest Hemingway im Zweiten Weltkrieg. Credit Line: Press Photo, ZDF.

Eigentlich könnte Hemingway, Bernhard Sinkels vierteilige TV-Serie aus dem Jahr 1987, so richtig mit den Superlativen prahlen. In sieben Ländern gedreht, mit einem hohen zweistelligen Millionen-Budget, alles in 21 Drehwochen rund um den Globus, dazu über 3.000 Kostüme, das Ganze geschmückt mit einer Riege international bekannter Schauspieler. Obendrein ragt aus all den Berühmtheiten ein Akteur gewaltig hervor. Stacy Keach, der den Ernest Hemingway spielt. Der Mann befällt das Publikum in seiner Rolle wie ein Naturereignis.

Stacy Keach, 1941 in Savannah, Georgia geboren, gehört zu den profiliertesten Schauspielern der neuen Generation. Er studiert in Berkeley und Yale, ebenso wie an der London Academy of Music and Dramatic Art. Nach akademischen Weihen geht Keach zum Theater. Im Kino spielt er dann Hauptrollen in Fat City unter John Huston, The Life and Times of Judge Roy Bean, ebenfalls unter der Regie des grandiosen John Huston oder in Long Riders von Walter Hill. Einem breiten Publikum wird er bekannt, als er von 1984 bis 1987 den hartgesottenen Privatdetektiv Mike Hammer in einer CBS-Fernsehserie darstellt.

Als es an die Besetzung der verschiedenen Rollen geht, hat der amerikanische Ko-Produzenten Daniel Wilson als Hauptdarsteller einen prominenten Namen auf dem Zettel. Stacy Keach. Die Überraschung ist groß. Doch ohne Zögern willigt der deutsche Regisseur diesem Vorschlag direkt zu. Ein famoser Schachzug, wie sich herausstellt, denn dieser Akteur entpuppt sich für das Projekt als Geschenk des Himmels.

Abonniert ist dieser Schauspieler auf die Verkörperung von kernigen und ungehobelten Charakteren, also die ideale Besetzung für die Rolle des Ernest Hemingway. Der damals 46-Jährige ist zudem jung genug, um als Mittzwanziger in Paris aufzutreten und alt genug um – mit Hilfe der Maske – den hinfälligen Autor in Ketchum darzustellen. Und dieser Stacy Keach spielt den Hemingway mit einer bärenstarken Urgewalt. Klar: Wer auf der Bühne als Hamlet besteht, der kann auch Ernest Hemingway.

Der Amerikaner kommt mit seiner jungen Frau zu den wochenlangen Dreharbeiten, er nimmt sein Engagement ernst. Mehr noch, er spielt den Hemingway, als gehe es um Leben und Tod. Und das stimmt bei diesem Autor ja auch. In jeder Szene merkt man Stacy Keach die Spielfreude an, der Hemingway wird zur Rolle seines Lebens. Es sind nicht nur Habitus und Ähnlichkeit, in zahlreichen Sequenzen bemerkt man das Funkeln in seinen Augen.

Für Keach ist die Figur des Nobelpreisträgers von 1954 ein Comeback aus den Schlagzeilen zurück auf die große Leinwand. Noch heute schwärmt Regisseur Bernhard Sinkel von dem Schauspieler. „Er hat ein fotografisches Gedächtnis und ist immer textsicher gewesen. Obwohl zwischen uns eine Distanz blieb, verstanden wir uns gut. Er arbeitet diszipliniert, ohne Allüren und hat alles an Ideen angenommen.“ Er habe viel gelernt bei dem Hemingway-Dreh verrät der US-Darsteller in einer stillen Stunde seinem deutschen Regisseur.

Stacy Keach 
Hemingway

Für die Interpretation des Ernest Hemingway gewinnt Stacy Keach einen Golden Globe als bester Hauptdarsteller.

International hat Stacy Keach diesen TV-Vierteiler nach vorne gebracht. In zahlreichen Ländern rund um den Globus wird er ausgestrahlt, seine Qualität überall gerühmt. Die gewissenhafte Regie, die akkurate  Kameraführung von Wolfgang Treu oder die wunderbaren Kostüme von Barbara Baum finden hohe Anerkennung. Doch gegen die geniale Strahlkraft des Stacy Keach gab es kein Anleuchten, von wem auch immer. Wir alle waren bessere Dienstleister, wie Bernhard Sinkel im Gespräch schmunzelnd zurückblickt. 

Nicht weiter schlimm, lacht der deutsche Filmer, denn es sei nicht die Aufgabe eines Regisseurs, den Despoten zu spielen. Sondern – fast wie in der Funktion eines Psychologen – dafür zu sorgen, dass alle gerne miteinander arbeiten und ein Höchstmaß aus sich herausholen. Und genau dies gelingt Stacy Keach, er spielt nicht eine Rolle, er ist Ernest Hemingway. Als Belohnung wartet ein vielumjubelter Golden Globe als bester Hauptdarsteller.

Schade, er habe den Kontakt zu Stacy Keach nicht halten können, bedauert Bernhard Sinkel. Dabei gibt es doch Erfolge zu feiern. Aber so sei das Filmbusiness, schnell, hart und manchmal auch

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Bernhard Sinkel: Ernest Hemingway als Person ist mir fremd geblieben

Stacy Keach
Bernhard Sinkel
Ernest Hemingway
Bernhard Sinkel führt im Jahr 1987 die Regie in dem internationalen TV-Vierteiler Hemingway mit Stacy Keach als Ernest und Marisa Berenson als Pauline. Credit Line: Press Photo, ZDF.

Selten ist das Leben eines Schriftstellers auf Leinwand so enzyklopädisch aufgeschnürt worden. Der Regisseur Bernhard Sinkel hat sich an den Versuch gewagt und in 400 Sendeminuten das Leben des Ernest Hemingway als Person und als Autor eingefangen. Mit riesigem Aufwand wird der Vierteiler für das TV im Jahr 1987 rund um den Erdball gedreht, an Schauplätzen in sieben Ländern.

Über 35 Millionen Dollar an Budget verschlingt diese internationale Ko-Produktion, zwei Jahre Arbeit steckt der in Frankfurt am Main geborene Sinkel in Drehbuch und Regie, 21 Drehwochen werden benötigt, 60.000 Reisekilometer absolviert. Am Ende steht ein Filmepos mit viel Liebe zum Detail. Denn mit den ganzen famosen Kostümen ist es bei weitem nicht getan. Alte Zelte, alte Autos, alte Bahnhöfe – es gilt eine Welt abzubilden, deren Ausgangspunkt im Jahr 1899 liegt.

„Ich mag den Erzähler Hemingway“, verrät Bernhard Sinkel. „Seine frühen Kurzgeschichten um den Jungen Nick Adams sind großartig. Mein Lieblingsbuch ist Paris – Ein Fest fürs Leben. Weil es atmosphärisch so dicht geschrieben ist“. Und so bastelt diese aufwendige TV Mini-Serie prachtvoll an der Legende des Ernest Hemingway. Bernhard Sinkel, der ein Jahr zuvor in der Großproduktion Väter und Söhne mit Burt Lancaster und Bruno Ganz seine Erzählstärke unter Beweis gestellt hat, liefert mit Hemingway sein internationales Meisterstück ab.

Das erste Problem, das es bei einem solch bunten Leben zu lösen gilt: Wie strukturiert man die reichen Lebenslinien des Ernest Hemingway? Schlauerweise unterteilt Sinkel in einer Kleeblatt-Dramaturgie das Wirken des Autors nach seinen vier Ehefrauen. Teil 1 spielt mit Hadley in Paris, Teil 2 mit Pauline in Key West, in Teil 3 mischt Ernest mit Martha mit im Spanischen Bürgerkrieg und in Teil 4 lebt er mit Mary auf Kuba, später in Ketchum.

„Ich bin stolz auf den Film“, meint Bernhard Sinkel, „ein Autor macht sein Leben zu einem Kunstwerk. Das hat mich gereizt.“ Als Person sei ihm Hemingway irgendwie fremd geblieben. „Ich bin keiner, der das nächste Gewehr schnappt und ein Kaninchen totschießt.“ Aber vielleicht sei diese Distanz als Regisseur gar nicht mal schlecht, sie bewahre vor falscher Glorifizierung.

Ein solches Filmprojekt bleibe ein Kraftakt, erzählt Bernhard Sinkel. Da müssen Löwen bei strengstem Tierschutz tot umfallen oder Bullen eigens für den Film durch Pamplona gejagt werden. Die Welt des Ernest Hemingway höre nicht auf die Kommandos der Regie. Die zahlreichen Tierszenen, die Hahnenkämpfe, die Jagd nach dem Marlin, die Haie, die Kriegsszenen, der Spanische Bürgerkrieg, das Drehen auf dem Wasser, der freie Horizont – das alles seien knifflige Aufgaben für die Kamera.

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In München haben sich Bernhard Sinkel und Hemingways Welt zu einem ausführlichen Gespräch getroffen. Foto: W. Stock, Mai 2023.

Heute wohnt Bernhard Sinkel in einem hübschen Haus in Schwabing. Nach Hemingway hat er sich vom Film entfernt, hat sich als Opernregisseur und Buchautor einen Namen gemacht. Jemand, der die 80 überschritten hat, darf ruhig ein wenig tiefstapeln. Der Besucher bringt die Erfolge in Erinnerung: Ernst-Lubitsch-Preisträger, Kinofilme wie Lina Braake oder Berlinger, Filmbänder in Silber und Gold en masse, internationale Produktionen. Und eben Hemingway. Diese Leistung, ein Bravourstück sondergleichen, wird bleiben. 

Vor allem, weil es dem Film gelingt, betörende Bilder einzufangen. Von Paris, den Stierkämpfen, von Key West, aus Afrika. Die Botschaft auf Zelluloid erreicht das Herz des Zuschauers: Welch ein großartiges Leben! Als Kontrast dazu setzt das Drehbuch das Drama dieser zerrissenen Persönlichkeit, das Auf und Ab mit der fatalen Hilfe von Alkohol, die Suche nach Liebe in Ehen und Seitensprüngen, dieser unheilvolle Mix aus Haudrauf, Selbstzweifel und Depression.

Ungeachtet der Omnipräsenz des Hauptdarstellers Stacy Keach und jedes Übermaß an Handlung zum Trotz, glückt es

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Kübel von Hohn und Spott über Ernest Hemingway in Deutschland

Ein Gringo auf Kuba, der gerade in Deutschland polarisiert. Grafik: Filippo Imbrighi, Roma

Wenn jemand ein solches Portal wie Hemingways Welt über zehn Jahre betreibt, dann erhält man zu seinem Protagonisten ein Feedback der unterschiedlichsten Art. Jede Menge des Zuspruchs zur Person, viel Sympathie und ein neugieriges Interesse an Werk und Eigenart des Nobelpreisträgers von 1954.

Allerdings auch das glatte Gegenteil: schroffe Ablehnung und Stürme der Abscheu gegen den bärtigen Mann aus Oak Park in Chicago. Nicht nur gesittete Kritik, sondern hier und da auch ein paar Schläge unter die Gürtellinie.

An dieser Stelle möchte ich ein paar wenig charmante Charakterisierungen aus Leserzuschriften zusammentragen, die im Laufe der Zeit bei Hemingways Welt so eingetrudelt sind. Liebenswürdig klingt irgendwie anders. Der US-Amerikaner, der auf Kuba lebte, muss in Deutschland eine breite Schulter ausfahren.

Er sei ein Großmaul, Hemingways Welt ergehe sich in einer endlosen Kakophonie der Beweihräucherung. Kollege Borges hätte ihm alle Zähne ausschlagen sollen. Dieser Hemingway sei zum Fremdschämen.

Und es geht lustig weiter: Hemingway sei ein

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