Das Portal zu Leben und Werk von Ernest Hemingway

Kategorie: Peru

An der Bar bei Pablo

Ernest Hemingway in Shorts an der Bar des Cabo Blanco Fishing Clubs. Hinter der Theke, der peruanische Barkeeper Pablo Córdova. Cabo Blanco, im April 1956.

Am ersten Abend im Cabo Blanco Fishing Club kommt Ernest Hemingway an die kleine Bar des Hotels. Eigentlich ist es der Speisesaal des Clubs, in dem abends gegessen wird, dort wo auch das Frühstück eingenommen wird und ein Raum, in dessen Ecke eben auch eine kleine Bar eingebaut ist. Die in rotbraun gehaltene gezackte Holzbar gibt gerade mal Platz für  vier, fünf Personen.

Links neben der Bar findet sich in Kopfhöhe die Holz-Replika eines 1.560 Pfund Marlin, denn der Fishing Club hält im Sportfischen etliche Rekorde. Nicht nur nationale Rekorde in Peru, sondern auch einige Weltrekorde. Und einige Rekorde für die Ewigkeit.

Unter dem silbern angemalten Holzfisch findet sich der offene Kamin, der an kalten Abenden ein wenig Wärme spendet. Rechts von der Bar geben bodentiefe Fenstertüren den direkten Blick auf die Terrasse, den Strand und das Meer frei.

Ernest Hemingway setzt sich auf einen der einfachen, mit einem braunen Lederpolster bezogenen Barhocker und fragt den Barkeeper, wie er heiße. Pablo Córdova Ramírez, entgegnet der 22-Jährige. Pablo Córdova ist verblüfft, denn er ist es nicht gewohnt, sich mit Gästen zu unterhalten.

Und nun sollte Hemingway

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Ernest Hemingway mag Peru

Cabo Blanco, im Mai 1956 Photo by Modeste von Unruh

Ernest Hemingway, der Mann des Meeres, auf dem peruanischen Pazifik. Cabo Blanco, im April 1956. Photo by Modeste von Unruh

Als die Dreharbeiten zu Der alte Mann und das Meer sich dem Ende zuneigen, nimmt Ernest Hemingway den einheimischen Bootskapitän Jesús Ruiz zur Seite. Am liebsten würde ich noch sechs Tage länger bleiben, Jesús, sagt der Schriftsteller.

Vamos, Don Ernesto, entgegnet Jesús Ruiz, da draußen springen noch so viele Marline im Wasser, die nur auf uns warten. Und Ernest Hemingway entschließt sich, noch eine Woche länger in Cabo Blanco zu bleiben.

Auch Mary Welsh, Hemingways Ehefrau, findet Gefallen an der Zeit in Peru. Sie mag die peruanische Küche, den Lomo saltado, ein typisch peruanisches Mittagsgericht. In Scheiben geschnittenes Fleisch der Schweinelende, mit Zwiebeln und Tomaten, der mit weißem Reis serviert wird. Mary mag den Lomo saltado so sehr, dass sie sich das Rezept in ihr Tagebuch schreibt. Die Crew und die Angestellten im Hotel beschreiben Mary als feine und gebildete Dame, die auf Manieren zu achten pflegt.

Auch Ernest mag die peruanische Küche. Gerne isst er einen pescado encebollado, einen mit Zwiebeln angereicherten Fisch, einen Festtagsschmaus, den man in diesen Breiten gerne am Sonntag serviert. Dazu lässt er sich ein kühles Bier servieren. Mit den Peruanern trinkt er gerne den einen oder anderen Pisco Sour, das Nationalgetränk Perus.

Die Journalisten haben Hemingway

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Ernest Hemingway fängt einen 750-Pfund-Marlin

Photo by Modeste von Unruh

Marlin, Ernest Hemingway, Gregorio Fuentes
Cabo Blanco, im Mai 1956
Photo by Modeste von Unruh

Die Jagd nach dem großen Marlin wird lang und beschwerlich. Das Meer vor der Küste Nordperus ist nicht gut zu Ernest Hemingway, zunächst jedenfalls. Neun Tage fährt er hinaus auf die hohe See und abends fährt die Miss Texas mit kahlem Mast zurück in den Hafen von Cabo Blanco.

Das Meer blutet, sagen die Einheimischen in Cabo Blanco. Quadratkilometer über Quadratkilometer ist der Ozean bedeckt von einer roten Schliere aus giftigem Plankton, winzigen Organismen. Niemand kann sich so recht erklären, woher dieser rote Todes-Teppich kommt.

Bringen ihn die Flüsse aus dem Amazonas-Dschungel mit? Hängt er mit der Erdölförderung oben vor der Küste zusammen? Oder steigt er geheimnisvoll gar aus den Untiefen des Pazifik?

Das giftige Plankton jedenfalls fegt das Meer leer, denn es tötet die kleinen Fische, die wiederum die Nahrung der größeren sind. Also auch des schwarzen Marlin. An diesen Tagen jedenfalls hat sich der Schwertfisch rar gemacht.

Nach einer Flaute in den ersten Tagen fängt

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Ernest Hemingway auf hoher See

CBFCIm Morgengrauen stehen die Hemingways auf, frühstücken im Restaurant des Cabo Blanco Fishing Clubs gut und kräftig, zwei Spiegeleier, Toasts mit Butter, viel Kaffee. Und um neun Uhr geht es dann pünktlich aufs Meer, um fünf kommt man zurück in den Hafen von Cabo Blanco.

Auf Pünktlichkeit legen Mary und Ernest Hemingways viel Wert, das merken die Angestellten schnell, der Tag der Amerikaner folgt einem Uhrwerk. Mit Kip Farrrington auf der Miss Texas, dem Schiff des Clubs, tuckert Hemingway hinaus auf die wilde See. Hemingway hat die Anordnung erlassen, dass keine Presse an Bord soll, mögen doch Grace Kelly und Fürst Rainier, die gerade geheiratet haben, in den Klatschspalten stehen, er mochte das jedenfalls nicht.

Hola chico, begrüsst Hemingway jeden Morgen den Kapitän Jesús Ruiz More. Buenos dias, Don Ernesto, antwortet Jesús, denn er traut sich nicht

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Ernest Hemingway jagt den schwarzen Marlin

Marlin fishing

Sports Illustrated, März 1956,
Alfred C. Glassell Jr. in Cabo Blanco

Ernest Hemingway ist ein guter, ein erstklassiger Angler. Er will den Marlin. Den schwarzen Marlin. Aber nicht nur. Auf hoher See ist er außer Reichweite. Und an Bord hält Ernest immer eine Flasche Whiskey oder Gin vor.

Schon länger liegt Mary ihm in den Ohren, er möge nicht soviel saufen, aber nun ist seine Frau ausser Sichtweite, dass sie es nicht mitbekommt. Denn Ernest Hemingway braucht ihn, zwei Scotch vor dem Mittagessen,dann abends die Bar. Whiskey, ein Pisco Sour, hohe Prozente. Ein Gin, pflegt der Schriftsteller zu sagen, heilt die Narben deines Körpers, und, wenn er gut ist, auch die deiner Seele.

Der bärtige Mann holt aus dem Bastkorb, in dem auch die Schinken- und Käse-Sandwiches und die harten Eier liegen, eine Flasche Johnny Walker, dann zwei Gläser, füllt sie und reicht ein Glas dem Bootsmaat Máximo Jacinto Fiestas, einem Fischer von knapp 30 Jahren. Tome Máximo, para el frio, sagt er zum ihm, nimm das Máximo, gegen die Kälte.

Hemingway, so erinnert sich

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Im Cabo Blanco Fishing Club

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Ernest Hemingway auf dem Meer vor Cabo Blanco, im Mai 1956;
Photo by Modeste von Unruh.

Kaum ist Ernest Hemingway im Cabo Blanco Fishing Club angekommen, zieht der Amerikaner sein dickes Sakko aus, wirft die Krawatte in den Koffer, holt die weißen Shorts heraus, ein kurzärmeliges weites Hemd, dunkle Schlappen, packt seine Angelsachen und macht sich auf. Der Nobelpreisträger tritt aus seinem kleinen Zimmer, geht über die Veranda in Richtung Strand.

Cabo Blanco ist, neben Máncora, Punta Sal und Colán, eines der kleinen Seebäder, die sich an der Nordküste Perus wie eine Perlenkette aneinanderreihen. In dieser Gegend ist das Klima verdammt rau, die Sonne drückt, ein trockener Wind weht und das Meer zeigt sich ungebändigt. Wenn El Niño wütet, dann sucht er sich diesen spröden Landstrich vor der Wüste von Sechura aus.

Just vor Cabo Blanco fließen zwei Strömungen des pazifischen Ozeans zusammen, hier klatschen von Süden der kalte Humboldt-Strom und von Norden die warmen tropischen Gewässer Ecuadors zusammen. Eine wundersame Kapriole der Natur, die für krachende Brecher und reiche Fischgründe sorgt. Nur hier lassen sich die größten Marline dieses Erdballs fangen.

Bei Kilometer 1.137 an der Panamericana liegt Cabo Blanco, etwas versteckt und unscheinbar. Bei El Alto muss man in Richtung Westen abbiegen und die Serpentinen zur Küste hinunterfahren. In den 1950er und 1960er Jahren war das winzige Fischerdorf ein bekannter Treffpunkt der internationalen Hochsee-Angler gewesen. Heute wirkt der Ort verfallen und heruntergekommen, wie das ganze Land.

Doch wer in den guten alten Tagen nach Cabo Blanco kam, der stieg in diesem Cabo Blanco Fishing Club ab, einem exklusiven Klubhotel, das Kip Farrington und Tom Bates im Jahr 1951 in den herben Landstrich direkt an der Küste bauen ließen. Das Grundstück gehörte der Lobitos Oil Company, darauf wurde die zweistöckige Hotelanlage, ein eher schlichter Kubus-Bau, errichtet.

Verwalter war in jenen Tagen der exilierte Pole Zygmunt Plater, der zusammen mit seiner Frau den Betrieb aufrecht erhielt. Etwa 20 reiche Mitglieder, unter Präsident Enrique Pardo Heeren, leisteten sich das Hobby und hielten mit 10.000 Dollar Jahresbeitrag den exklusiven Club am laufen. Im Cabo Blanco Fishing Club fand

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Acht Fragen an Ernest Hemingway

Ernest Hemingway nach der Landung in Talara, am 16. April 1956, mit den Journalisten Manuel Jesús Orbegozo, Jorge Donayre Belaúnde und Mario Saavedra-Pinón. Foto: Guillermo Alias

Hola, colegas! Ernest Hemingway grüsst gut gelaunt die Journalisten in Talara, gibt ihnen die Hand und umarmt Manuel Jesús Orbegozo, einen untersetzten Mestizen mit dicker schwarzer Hornbrille, der mehr als einen Kopf kleiner als Hemingway ist. Und dann umarmt er auch die anderen zwei, Jorge Donayre und Mario Saavedra, so als würde er sie ein ganzes Leben kennen. Und so wie in Südamerika ein abrazo unter Freunden üblich ist.

Und schon prassseln die Fragen der drei Reporter, noch auf dem Rollfeld, auf den Nobelpreis-Träger nieder:

Wie lange haben Sie gebraucht, um Der alte Mann und das Meer zu schreiben?

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Ernest Hemingway kommt nach Talara

Der Meister schwebt ein. Ernest Hemingway erreicht am 16. April 1956 peruanischen Boden in Talara. Photo: Mario Saavedra-Pinón

Am Morgen des 16. April 1956, gegen acht Uhr, landet Ernest Hemingway auf dem kleinen Flughafen von Talara, im Norden Perus. Eigentlich gehört der Flughafen, den die amerikanischen Marines gebaut haben, der Internacional Petroleum Company, die nahe Talara ein riesiges Erdölfeld unterhält. Eine vierpropellerige Douglas DC-7B der Fluggesellschaft Panagra hat die Hemingways in zwölf Stunden von Miami, Zwischenlandung in Panama, hierher gebracht.

Ein paar Tage zuvor hatte die US-amerikanische Nachrichtenagentur United Press International die Meldung verbreitet, dass der bekannte Schriftsteller nach Peru kommen werde, um Dreharbeiten zu dem Film Der alte Mann und das Meer zu überwachen. Die drei wichtigsten Tageszeitungen Limas – El Comercio, La Prensa und La Crónica – schickten daraufhin Reporter nach Nordperu.

Ernest, Ernest, Ernest, schallt es über

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