Auf den Fersen von Ernest Hemingway

Schlagwort: Fotografen

Eine kubanische Hemingway-Briefmarke erinnert an eine deutsche Fotografin

Ein Fotomotiv aus Peru (links oben) für Kuba. Ernest Hemingway auf der Miss Texas, April 1956.

Per Zufall stosse ich auf kubanische Briefmarken aus dem Jahr 2010 mit Ernest Hemingway. Genauer gesagt: auf eine kubanische Marke, mit Motiv Peru, von einer deutschen Fotografin geschossen. Gewidmet Ernest Hemingway. Dahinter steckt eine abenteuerlustige Geschichte. Es ist die Geschichte der Modeste von Unruh.

Modeste von Unruh, sie ist vom Jahrgang 1927, verbrachte ihre Kindheit in Babelsberg bei Potsdam und durchlief nach Schulabschluss eine Ausbildung zur Fotoreporterin bei Hamburger Tageszeitungen. Ihre Familie stammte aus Westpommern, wo ihr Vater als Landwirt das Hammermühler Gut des Grafen Krockow verwaltete, später wanderte der Vater dann nach Australien aus. Auch Modeste von Unruh wurde bald vom Fernweh gepackt. Kurzentschlossen ließ sie im Jahr 1954 ihren VW-Käfer über den Atlantik verschiffen, denn ihre Leidenschaft gehörte dem amerikanischen Kontinent. 

Nach einem Jahr Panamericana blieb die junge Frau auf dem Highway in Peru hängen. In Lima lernte Modeste von Unruh dann den ungarischen Kunsthistoriker Dr. László von Balás-Piry kennen. Die beiden heirateten und bezogen ein hübsches Häuschen mit Garten und Pool in Chaclacayo, gut 40 Kilometer östlich von Lima, in 650 Metern Höhe, in einem Ort mit ständigem Frühlingswetter. Als freie Korrespondentin arbeitete Modeste von Unruh in Peru für das Hamburger Magazin Kristall.

Ein Auftrag führte sie nach Cabo Blanco, in den Norden Perus, wo Ernest Hemingway auf Besuch weilte. Es ist der 26. April 1956. Und es ist ein Donnerstag, an dem sich der Weg der jungen Fotojournalistin und der Weg des gefeierten Schriftstellers kreuzen. Im Cabo Blanco Fishing Club steht die 28-Jährige am frühen Abend vor dem Nobelpreisträger, der doppelt so alt ist wie die deutsche Fotografin.

Welch eine imposante Erscheinung, dieser Ernest Hemingway, denkt die junge Frau bei sich. An den Schriftsteller erinnert sie sich als an einen Mann von mittlerer Größe, jedoch von kräftiger Statur, like a tree trunk, wie ein wuchtiger Baumstamm, wird die Reporterin später zu einem Foto für die Londoner Bildagentur Black Star schreiben. 

Nachdem der prominente Schriftsteller die deutsche Fotografin kritisch gemustert hat, bricht schnell das Eis und Ernest Hemingway scheint die junge Frau zu akzeptieren. Die forsche Hamburgerin erkennt ihre Chance. Nehmen Sie mich mit auf das Boot, sagt die schlanke blonde Frau keck zum weltberühmten Schriftsteller. Und fügt dann an: Ich werde Ihnen Glück bringen.

Mit solch einer Berühmtheit wie Ernest Hemingway einen ganzen Tag lang auf einem Boot zu verweilen, ist ein seltener Glücksfall für einen Reporter. Normalerweise nimmt der Nobelpreisträger nie die Presse mit an Bord. Doch hier macht er eine Ausnahme. Der Schriftsteller kommt auf die Miss Texas, in Bermudas, einem kurzärmeligen Baumwollhemd, darüber die Jacke, auf dem Kopf eine graue Jockey-Kappe als Schutz. Und Ernest Hemingway behandelt die junge Modeste von Unruh mit ausgesuchter Aufmerksamkeit, vielleicht erinnert er sich an seine Anfänge als Journalist, vielleicht mag er sie einfach.

Ernest Hemingway in Cabo Blanco.

Ein Schnappschuss mit Ernest Hemingway auf der Miss Texas. Wie das Motiv auf der Briefmarke. Cabo Blanco, im April 1956. Foto: Modeste von Unruh.

Modeste von Unruh sollte mit ihrer kessen Glücksvorhersage vom Vortag richtig liegen. Denn als die junge Fotografin an diesem Tag das einzige Mal mit dem Schriftsteller, seinen kubanischen Freunden und der peruanischen Crew hinausfährt, geschieht das Unerwartete. Endlich, zum ersten Mal seit fast zwei Wochen, kommt das Anglerglück, auf das er seit Tagen so sehnsüchtig hofft, zu Ernest Hemingway. Und es erweist sich als das ganz große Anglerglück. Ein kolossaler Schwarzer Marlin von 730 Pfund Gewicht wird an Bord gehievt.

Der Schriftsteller umarmt als ersten den peruanischen Kapitän der Miss Texas. Ich danke dir sehr, sagt ein ausgelassener Schriftsteller zu Jesús Ruiz More, du bist ein erstklassiger Schiffsführer. Anschließend herzt der Schriftsteller die adrette Fotografin. Modeste von Unruh hat

Loading

Ein Hemingway-Zwilling auf Facebook

Die launige Huldigung des Wayne Collins an Ernest Hemingway ist auf Facebook zu bestaunen.

Die Vergötterung des Ernest Hemingway nimmt nicht selten ausgelassene Züge an. Wer beispielsweise auf Facebook einen wachen Blick auf die Hemingway-Verehrung lenkt, der kommt aus dem Staunen und dem Amüsement nicht mehr heraus. Da findet sich zum Beispiel Wayne Collins, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, alte Fotomotive des Nobelpreisträgers möglichst realistisch nachzustellen.

Ernest Hemingway in Afrika, der Schriftsteller in Spanien oder auf dem Meer vor Kuba, sein Zwilling aus heutiger Zeit folgt ihm, stellt ihm nach und stellt ihn nach. Ein wenig hilft, dass dieser Wayne Collins dem Schriftsteller-Genie aus Chicago in Statur und Antlitz nicht ganz unähnlich wirkt.

„Als wir vor ein paar Jahren auf Trip in der Karibik waren, und mit den Jahren, hatte ich einen grauen Bart, der länger und länger wurde“, erzählt Wayne Collins über seine Anfänge als Hemingway. „Am Strand meinte meine Tochter dann, ich sähe Ernest immer ähnlicher.“ 

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist WaynePapaBoxen1-1024x1024.jpg

Ernest Hemingway boxt in Afrika, Wayne Collins in seinem Garten.

Wayne, ein Mann aus North Carolina, ist Hemingway-Fan seit er denken kann. In Key West, Hemingways hometown in den 1930er Jahren, mischt er jedes Mal mit beim look-a-like contest, der seit 1981 jedes Jahr im Juli um die Kneipe Sloppy Joe’s herum veranstaltet wird.

„Wir haben da einen Wettbewerb, an dem ich und andere look-a-likes teilnehmen. Wir tummeln uns fröhlich auf der Bühne, kleiden uns wie er, reden über ihn, trinken wie er und veranstalten ein Bullenrennen durch Key West, mit falschen Stieren natürlich.“ Sein Traum ist, diesen Wettbewerb zu gewinnen.

Noch ist Wayne bei der Gaudi im Sloppy Joe’s ein wannabe. Erst wenn man den Wettbewerb gewinnt, gilt man als Papa, wie der Kosename des Schriftstellers lautet. „Wir freuen uns jedes Jahr auf die Reise nach Key West. Mit dem Auto die Florida Keys hinabzufahren ist etwas, das man in seinem Leben einmal getan haben muss.“ Ein bucket list item, das jeder auf seiner Lebensliste haben sollte.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist PapaWayne-1-1024x1024.jpg

In ‚La Cónsula‘, im andalusischen Churriana, steht der Nobelpreisträger am Schreibpult. Und Wayne kopiert Jahrzehnte später Habitus und Kleidungsstil.

Man schaut auf die Replik-Fotos des Wayne Collins mit Heiterkeit und Vergnügen. Das Augenzwinkern, das bei diesem skurrilen  Steckenpferd regiert, ist nicht zu übersehen. Und auch der Nicht-Aficionado beginnt zu ahnen, welch ein Gigant dieser Autor sein muss, wenn ihn 60 Jahre nach seinem Ableben Dutzende gestandener Mannskerle voller Enthusiasmus nachstellen.

Zudem begreift man, dass die Verehrung dieses Nobelpreisträgers weit über das Literarische der Romane und Erzählungen hinausgeht. Die Verneigung erfolgt nicht nur vor dem Autor, sondern zudem vor dem Menschen und seiner ausgeprägten Lebenszugewandtheit. „It is a really great time!“, Wayne Collins lächelt.

Loading

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén