Auf ebay, in den Antiquariaten, bei Kleinanzeigen oder Versteigerungen werden zahlreiche Fotos von Ernest Hemingway angeboten. Genauer gesagt: Fotografien, auf denen Ernest Hemingway abgebildet ist. Allein auf ebay erreicht man – bei der Suchmaske Ernest Hemingway photo – beachtliche 896 Fundstellen. Das billigste Foto wird bei ebay für 3,89 Dollar angeboten, das teuerste für 8.096 Dollar.
Was ist ein Foto mit Ernest Hemingway in Wirklichkeit wert? Gibt es neben dem Sammlerwert auch objektive Kriterien zur Wertbestimmung? Wie passt man auf, dass man als Käufer oder Käuferin nicht über den Tisch gezogen wird? In der Tat kann man etwas Licht in diesen Preis-Dschungel bringen. Von mir dazu ein paar Gedanken und Handreichungen, nach über 40 Jahren Befassung mit dem Schriftsteller.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass Ernesto seit fast 65 Jahren friedlich auf dem Dorffriedhof von Ketchum am Rande der Rocky Mountains ruht. Neue Fotos gibt es nicht, höchsten alte, die in irgendwelchen Schubladen neu entdeckt werden. Wir reden bei Hemingway-Fotos insofern tendenziell von historischen Fotos, was zunächst einmal für ein Potenzial an Wertsteigerung spricht. Nichts kann groß nachkommen.
Doch man muss genau hinschauen. Grob gesprochen gibt es drei Kategorien von Hemingway-Fotos. Da sind zunächst jene Fotos, die en masse nachproduziert werden. Was in Zeiten von Internet recht einfach ist. Man sucht sich im Netz das passende Foto aus, lädt es herunter und lässt beim Rossmann einen Papierabzug anfertigen. Ein neues Foto von einem alten Motiv. Wert in meinen Augen: von nix bis 5 Euro. Reine Dekoration, kein Sammlerwert. Von Urheberrechten will ich gar nicht reden.
Die zweite Kategorie sind jene, die in Amerika Wirephotos genannt werden. Das sind Pressefotos von und für Zeitungen und Zeitschriften. Im Zuge der Digitalisierung haben Medienhäuser weltweit ihre Archive digitalisiert und die vorhandenen Papierabzüge anschließend an Großabnehmer verkauft. Nun überschwemmen diese Fotos den Markt.
Meist sind solche Wirephotos bei Hemingway vielgenutzte Reproduktionen aus den 1950er und 1960er Jahren, sie tragen auf der Rückseite aufgedruckt die Redaktionsadresse, meist mit einem kurzen Text und den Copyright-Vermerken. Dazu Infos, wie und wann in der entsprechenden Zeitschrift oder Zeitung abgedruckt wurde. Diese Wirephotos sind schon hochwertiger als simple Vervielfältigungen. Je nach Motiv, Alter und Qualität – ich sage mal – 10 bis 40 Dollar.
Die Königskategorie jedoch ist die dritte. Das sind die Originalfotos. Fotos, die exklusiv aus dem Labor des Fotografen stammen. Ernest Hemingway ist bekanntlich von den besten Fotokünstlern abgelichtet worden. Von Yousuf Karsh, von Robert Capa, von Alfred Eisenstaedt, um nur einige zu nennen. Wer ein solches Foto ergattern kann, der erhält eine Trouvaille für seine Sammlung.
Aber es sollte auf ein paar Formalien geachtet werden. Die Originalfotos müssen aus der Zeit der Aufnahme stammen und sollten den Herkunftsstempel des Fotografen auf verso – auf der Rückseite – tragen. Etwas Handgeschriebenes, eine Nummerierung oder die Erklärung zu Ort und Zeit, kann nicht schaden. Wert je nach Motiv, Berühmtheit des Fotokünstlers und dem Erhaltungszustand zwischen 100 Dollar und nach oben offenem Preis.
Exzellente Fotos sind Kunstwerke. Wenn man ein richtiges Original in Händen hält, mein herzlicher Glückwunsch. Aber Obacht! Für ein Wirephoto oder gar für eine schlichte Reproduktion den Preis eines Originals zu zahlen, zeugt nicht unbedingt von Scharfsinn. Also Auge auf – auch bei Fotos von Ernest Hemingway.
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