Acapulco, 1982 Photo by W. Stock

Der mexikanische Badeort Acapulco. Photo by W. Stock, 1982.

Ernest Hemingway und Acapulco? Ja, das passt schon. Acapulco ist ein Fleckchen nach Hemingways Gusto. Zudem ein Paradies für Sportangler. Ganzjährig ist das Brandungsangeln in den ausgedehnten Buchen vor Acapulco möglich.

Seit seinen Kindertagen, der Vater hat es ihm beigebracht, mag Ernest das Sportangeln. Als beste Angelzeit gilt in Acapulco die Abenddämmerung und die Nacht bei auflaufender Flut. Dann können Fische wie der Yellowtail, Hornhechte oder Seebarsche gefangen werden. Auch ist Acapulco für seine wuchtigen Segelfische berühmt, die man draußen auf hoher See sieht, und in den aussichtsreichsten Fangzeiten, von Oktober bis Januar, kommen die Sportangler in Scharen hier an den Pazifik.

Vielleicht soll dieses Acapulco, wir schreiben das Jahr 1958, eine Vitaminspritze für Ernest Hemingway sein. 1954, vier Jahre zuvor, ist sein Schicksalsjahr gewesen. Im Januar hat er die zwei Flugzeugunglücke in Afrika knapp überlebt, er ist schwer verletzt, so ganz soll er sich nicht mehr erholen. Und im Oktober bekommt er den Nobelpreis für Literatur. Auch davon wird er sich nicht mehr erholen. Wie ein Damoklesschwert schwebt das Gewicht dieser Auszeichnung über seinem Kopf, er wird danach zu seinen Lebzeiten kein Buch mehr veröffentlichen.

Es geht ihm nicht gut, er merkt, die Sanduhr seines Lebens rieselt unaufhörlich herab. Im September 1955 hat er sein Testament geschrieben, in enger Handschrift, mit blauer Tinte, beidseitig auf einem Blatt Papier in Finca Vigía. Er merkt, es geht dem Ende zu. Die Augen spielen nicht mehr richtig mit.

Er ist müde, ausgelaugt, er fühlt seine Kräfte schwinden. Im Körper, der auf die 60 zugeht, natürlich, aber auch im Kopf. Es fällt ihm schwer, sich zu konzentrieren, sein Gedächtnis schnaubt wie ein in die Tage gekommener Dieselmotor.

Die Erinnerungen gehen verloren, und auch das weiße Blatt Papier bleibt länger weiß als früher. Seine Kniescheibe ist – seit Fossalta – aus Aluminium, er hat Knochenbrüche, Jagdunfälle, Autozusammenstöße und Flugzeugabstürze und vier Ehen überlebt, aber nun ist er des Lebens müde.

Da kommt Acapulco recht. Vielleicht möchte Ernest Hemingway hier nicht nur ein paar unbeschwerte Urlaubstage genießen, das auch, sondern vielleicht will vor allem frische Kraft und Energie tanken. Er braucht diesen neuen Lebensmut, er will sich noch einmal volldonnern mit Lebenskraft, mit Schwung, mit Sonne, mit Liebe – mit allem, was ihm mehr Monate gibt.

Das, mag sein, ist Hemingways Idee von Acapulco. Ihm sollten noch drei Jahre bleiben.

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