Acapulco, 1992 Photo by W. Stock

Ein wunderschöner Morgen vor Acapulco, 1992. Photo by W. Stock

Hilmar Kopper, der später Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank in Frankfurt werden sollte, ist ihm über den Weg gelaufen. In Acapulco, am Pazifik. Es war im Januar oder Februar 1958, wie Hilmar Kopper die Begegnung aus seiner Erinnerung kramt.

Als junger Kerl, erst 22 Jahre, schickt die Deutsche Bank den Trainee in die Vereinigten Staaten. Dort soll er unter anderem in Hollywood bei MGM und den anderen Studios schauen, wie die Filmstudios ihre Bankkredite verwalten und einsetzen. Von Los Angeles aus macht Hilmar Kopper mit einem Freund dann einen Trip nach Mexiko, zuerst nach Mexico City, anschließend nach Acapulco.

Dort, an einem späten Vormittag, sollte es zu einer schicksalhaften Begegnung kommen, an die sich der Banker auch nach 55 Jahren noch gut erinnert. Hilmar Kopper ist am Pazifikstrand, vor dem Hotel, der Name ist Kopper entfallen, jedenfalls damals eines der guten, in einer Bucht, vor der ein markanter Felsen eingefasst ist.

Ich war da in Acapulco am Strand und ging mit ein paar einheimischen Jungen immer im Meer tauchen, nach Korallen, darf man gar nicht sagen, aber das ging ganz gut. Und plötzlich, als ich da wieder am Strand lag, stellte ich fest, dass neben mir ein älterer Herr in einem Liegestuhl saß unter einem Sonnenschirm. Der Mann, ein bisschen betagt, ein bisschen füllig, graumeliert, auch der Bart, und der las die New York Times.

Hilmar Kopper ist verblüfft, weil er den Mann zu glauben kennt, er hat ihn schon etliche Male auf Fotos gesehen.

Und ich guckte einmal, ich guckte zweimal und plötzlich denk ich mir so, Mensch, den kennst du doch!

Diese wuchtige Gestalt, das Gesicht mit der Brille und dem markanten Bart, dieser ganze Charakterkopf. Der Mann ist alleine an dem Strand. Kopper überlegt lange, kratzt all seinen Mut zusammen und spricht den Mann an.

Und ich fragte ihn sehr höflich, sagte, entschuldigen Sie bitte, sind Sie vielleicht Ernest Hemingway?

Doch der alte Mann mit dem Bart reagiert nicht auf Koppers Frage. Er rührt sich nicht und liest weiter in seiner Zeitung.

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Der Banker Hilmar Kopper (1935-2021) hat im Juli 2013 mit Hemingways Welt ausführlich über seine Begegnung mit Ernest Hemingway gesprochen. Foto: Deutsche Bank Media Relations.

Der nahm noch nicht mal die Zeitung runter. Und ich hatte mich schon wieder hingelegt, hab gedacht, na gut, wenn er nicht antworten will, dann lassen wir es eben. Doch plötzlich höre ich eine sehr sonore Stimme, die zu mir sagte: “Yes, young man, I am!”

Und dann kommen der angehende Banker und der Nobelpreisträger ein wenig ins Gespräch. Über nichts Besonderes, nichts Tiefschürfendes und auch nichts Literarisches. Über das Wetter, den Strand, über Acapulco, was man so redet im Small Talk. Der alte Mann fragt, woher Kopper komme und merkt, das der junge Mann nicht auf Rosen gebettet ist und lädt ihn ein zu einem Drink.

An der Strandbar trank ich Kokosmilch mit Tequila und Ernest Hemingway, wenn ich mich richtig erinnere, trank einen Whisky.

Ernest Hemingway und Hilmar Kopper. Der Banker mag Hemingways Bücher, der junge Trainee hat seine Bücher verschlungen. Er bewundert, wie der Autor seinen Stoff auf das Wesentliche verdichtet. Ein grandioser Autor und ein beeindruckender Mensch. Der weltberühmte Schriftsteller und der Banknovize, beide am Strand von Acapulco, so zeichnet der liebe Gott manchmal die Lebenslinien.

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