Conil de la Frontera 
Hemingway
Hemingway y el Mar. Im April 2023 in Conil de la Frontera.

In diesem Jahr feiert Spanien das 100. Jubiläum. Im Mai 1923 besucht der 23-jährige Korrespondent des Toronto Star zum ersten Mal das iberische Land. Madrid, Aranjuez, Sevilla, Ronda und Granada sind damals seine Ziele. Um daran zu erinnern findet ab 19. April 2023 an fünf Tagen in Conil de la Frontera, an der Südspitze Spaniens, eine in  mehrfacher Hinsicht aufschlussreiche Konferenz über Ernest Hemingway statt. 

Die Halbinsel im Südwesten Europas ist in jenen Tagen nicht wie heute ein allseits bekannter Touristenmagnet, für den Rest der Welt eher eine Terra incognita. Jenseits der Pyrenäen gingen damals die Uhren anders, der Sprung in die Moderne ließ auf sich warten. Bei Corridas oder während der Semana Santa wurden Bräuche gepflegt, die sich seit dem Mittelalter nicht groß verändert hatten.

Den Mann aus Chicago faszinierte diese retardierte Welt. In seiner Heimat schlug die Industrialisierung voll an, doch Spanien blieb ein Landstrich von Latifundistas und mittellosen Bauern, von klerikalen Bräuchen und sozialen Kämpfen. Neugierig nähert sich der junge Amerikaner dem Land und seiner eigenwilligen Kultur. Besonders die Fiestas mit ihrer überschäumenden Lebensfreude haben es ihm angetan.

Spanien wird zur Insel seines Herzens und seiner Seele. Es wird auch das letzte Land sein, an das er sich klammert, im Spätsommer 1960, einige Monate vor seinem Tod. Ein Jahr zuvor hat er die Costa de la Luz bereist, die Küste nördlich von Cádiz. Dort wird er im Juni 1959 bezaubert von der Kleinstadt Conil de la Frontera, die als letzte der weißen Städte Andalusiens am Meer endet.

Diesem Besuch zu Ehren veranstaltet die Gemeindeverwaltung von Conil diese Hemingway-Tagung, und feiert sich für eine knappe Woche als Stadt der Literatur, wo die Kultur ein Magnet sein soll, für alle Nachbarn und Besucher. Hochkarätige Referenten bestreiten das Programm. Zehn Professoren aus 9 Universitäten diskutieren über Ernest Hemingway in Spanien. Dazu reisen nach Südspanien internationale Experten, die über sein Leben und sein Werk Auskunft geben werden, darunter auch der Gründer dieses Portals.

Dem Schriftsteller Joaquín Recio obliegt die inhaltliche Organisation, sein Wunsch ist, nicht nur die Kenner und Spezialisten als Auditorium anzuziehen, sondern mit zahlreichen Diskussionen, Kinoaufführungen von Hemingway-Filmen, Buchlesungen ebenso die einheimische Bevölkerung einzubinden, vor allem die jungen Leute.

Man ahnt die Absicht hinter den Aktivitäten um den Amerikaner aus Chicago. Seine Person und seine Fama sollen in Zukunft Kultur-Touristen aus aller Welt anlocken. Vielleicht entsteht in Andalusien gar eine Routa Hemingway Sur, im Dreieck Málaga, Ronda und Conil. Warum auch nicht?

Das große Vorbild findet sich 950 Kilometer weiter nördlich. In Pamplona. Ernest Hemingway hat den Encierro der Sanfermines in seinen Büchern und Zeitschriftenartikeln populär gemacht, und die baskische Stadt und ihre Bewohner zahlen zurück, noch heute. Die Währung der Schuldner lautet seit hundert Jahren: Bewunderung und Zuneigung.

Loading