Ernest Hemingway ist noch heute quicklebendig, seine Werke werden in den Buchhandlungen geführt, er wird – fast sechs Jahrzehnte nach seinem Tod – millionenfach gelesen und von vielen bewundert. Jeder kennt mindestens eines seiner Werke, man weiß um sein aufregendes Leben. Kurz, Ernest Hemingway ist bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund.

Doch so mancher seiner Kollegen betrachtet den bärtigen modernen Klassiker aus Chicago – literarisch wie menschlich – mit argem Stirnrunzeln. Direkt nach Ernest Hemingway ist eine neue Autorengeneration herangewachsen, John Updike, Arthur Miller, Norman Mailer, Joseph Heller – eine Generation, die sich vom Vater absetzen muss, und vieles anders sieht.

Die Gegensätze können nicht größer sein. Die Großstadt-Schreiber gefallen sich als Trüffelschnüffler der modernen amerikanischen Mittelklasse. Der alte Hemingway hat das Geplauder des intellektuellen Mainstreams nie gemocht, zu viele Ehedramen, Beziehungskonflikte und Berufsprobleme, das alles ist nicht seine Welt. Ernest Hemingway, der Weltenbummler und Großwildjäger, kann mit der literarischen Selbsterkundung der Großstadtneurotiker nichts anfangen.

Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. „Hemingway habe ich immer verachtet“, keilt beispielsweise John Irving, der US-amerikanische Schriftsteller aus New Hampshire, Jahrgang 1942. „Ich habe mich für ihn geschämt, als Mann und Autor. Seine Art und Weise, das Maskuline zu repräsentieren ist ein Witz. Er war kein Boxer, er war ein Alkoholiker, ein überschätzter Trinker, der überdies verantwortlich war für die literarische Welle all seiner Nachahmer. Mir gefallen die langen Sätze und die vielschichtigen Charakteren – aber das Tiefste das Hemingway erreichte, bestand darin, eine Charaktere zu erschaffen, die keinen hochkriegte. Deshalb ist Hemingway der größte Hochstapler der Geschichte. Als Mann und als Schriftsteller.“

Ernest Hemingway, ein Hochstapler? Solch ein Vorwurf ist unredlich, denn seine Qualität hat ganze Autorengenerationen beeinflusst und geprägt, so oder

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