Das Portal zu Leben und Werk von Ernest Hemingway

Kategorie: Frauen Seite 1 von 6

Die Liebesbeichte des Ernest Hemingway

Elizabeth Hadley Richardson
Eine aparte, bodenständige Schönheit. Elizabeth Hadley Richardson, die erste Mrs. Hemingway.

Ernest Hemingway bewundert Hadley als aufopfernde Ehefrau und fürsorgliche Mutter. Er braucht dieses althergebrachte Muster für seinen Alltag, als Fundament der eigenen Glückseligkeit. Doch gleichzeitig verliert er schnell die Lust am konventionellen Idyll. The better you treat a man and the more you show him you love him the quicker he gets tired of you, entfährt ihm in To Have and Have Not ein absonderlicher Gedanke. Je besser die Frau einen Mann behandle und ihm seine Liebe zeige, desto schneller werde der Mann seiner Frau überdrüssig.

Ab Herbst 1957 beginnt der Schriftsteller auf Kuba seine Arbeit an den Pariser Skizzen, wie er die biographischen Notizen zunächst nennt. Doch er findet nicht den Mut, das Manuskript seinem Verleger zu überlassen. Zu tief fällt die Kluft zwischen den juvenilen Paris-Jahren und den Gebrechen des Alters. Das Buch wird zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht. Diese Hymne an das Herz ist eigentlich kein Roman, sondern eine Sammlung von sehr persönlichen Impressionen.

Der greise Ernest erzählt von Paris, er fängt den Liebreiz der Cafés und Bistros ein, er lässt uns teilhaben an seinen Geldsorgen, er macht sich lustig über die versnobten Literaturzirkel an der Seine. Diese Rückschauen auf die guten Tage machen den Reiz dieses Buches aus, man stöbert in den Bruchstücken wie in den Werkhallen einer alten Manufaktur. Die schönsten Sätze zu Paris aus Menschenhand sind hier versammelt, das Werk ist vor allem eine flammende Liebeserklärung an diese Stadt. Doch nicht nur.

Nach der Übersiedlung in die USA im Jahr 1959 grübelt der Nobelpreisträger in Ketchum weiter über den Fragmenten aus Paris. In seinen letzten Lebenswochen schreibt Ernest sich dann den ganzen Kummer von der Seele. Der schwerkranke Autor versetzt sich zurück in die heile Welt als junger Ehemann mit Hadley und träumt von den glänzenden Tagen in Paris, ein letztes Mal huldigt der todgeweihte Ernest seiner großen Liebe. 

Sein bester Freund A. E. Hotchner redigiert nach Ernests Ableben die Bruchstücke. Im Jahr 1964 erscheinen die Erinnerungen, gegen den erbitterten Widerstand seiner letzten Frau Mary. Trotz allen Frohmuts kann man Paris – Ein Fest fürs Leben zugleich als eine Art Lebensbeichte des sterbenskranken Ernest Hemingway wahrnehmen. In allererster Linie sind die Episoden aus Paris eine Liebeserklärung an seine erste Ehefrau. An Hash, an jene Frau, für die er offensichtlich das tiefste Gefühl empfunden hat und wohl jene, die ihn am meisten geliebt hat.

Doch die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Und auch seine kaltschnäuzige Schurkerei kann er nicht wieder gutmachen. Er weiß, dass er das Desaster ganz alleine verbockt hat. Ich war es, der die Schuld daran auf sich nehmen und besitzen und verstehen musste. Hadley, die Einzige, die keinerlei Schuld daran trug, kam am Ende gut aus der Sache heraus und heiratete einen viel besseren Mann, als ich je gewesen war oder jemals zu sein hoffen konnte…

In den letzten Lebensmonaten hat Ernest oft an seine erste Ehefrau gedacht und er hätte sie gerne bei sich gewusst. Einige Male hat er mit Hadley telefoniert, und er glaubt, die Zuneigung zu spüren, auf beiden Seiten. Seine gegenwärtige Ehefrau, die fürsorgende Mary, muss diese innige Liebeserklärung an Hadley wie ein Schlag ins Gesicht aufgenommen haben.

Die erste Mrs. Hemingway hat später jene Zuneigung gefunden, die er nicht hat geben können. Nach der Scheidung von Ernest heiratet sie 1933 den Journalisten Paul Mowrer, den Korrespondenten der Chicago Daily News in Paris, einen Pulitzer-Preisträger. Die Ehe zwischen Hadley und Mowrer, einem klugen und besonnenen Zeitgenossen, wird gut. Der neue Mann an ihrer Seite kümmert sich vorbildlich um Bumby, den sie mit in die Ehe bringt.

Mit Paul Mowrer nimmt Hadley den Wohnsitz wieder in den USA, sie wohnen in Chicago. Als Alimentierung überlässt der Schriftsteller seiner ersten Ex-Frau und dem Sohn die üppigen Tantiemen aus The Sun Also Rises, inklusive der Filmrechte. Zu Ernest pflegt sie bis zuletzt eine innere Verbundenheit, in Wirklichkeit hat Hadley nicht aufgehört, ihn gernzuhaben.

Trotz seiner Gemeinheiten, sie weist den Groll mit Liebe in die Schranken. „Ich kann in mir drin nicht das Gefühl entwickeln, Ernest zu hassen“, sagt Hadley am Ende ihres Lebens, „und ich bin ihm dankbar für all das gemeinsam Erlebte in Paris.“ Und Ernest rutscht, bei einem seiner Telefongespräche mit Hadley in den letzten Monaten vor seinem Tod, der Satz heraus: I should never have left you.

Ja, er hätte Hadley nicht verlassen sollen. Aber er hat diese wunderbare Frau getäuscht und betrogen, damals in Paris. Dieser Fehler, vielleicht der größte seines Lebens, er hat sich

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Agnes von Kurowsky – Ernest Hemingways erste Liebe

Agnes von Kurowsky
Eine Krankenschwester als Ernest Hemingways Geliebte. Mailand, im Jahr 1918. Credit Line: Ernest Hemingway Photograph Collection, John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Am 8. Juli 1918 entgeht der junge Ernest Hemingway an der italienisch-österreichischen Front bei Fossalta di Piave knapp dem Tod. Der 18-jährige Rotkreuz-Fahrer wird von einer österreichischen Granate getroffen, sein rechtes Bein liegt in Fetzen. In der Klinik des American Red Cross lernt der Verwundete dann seine erste große Liebe kennen. Sein Schwarm heißt Agnes von Kurowsky, eine US-Amerikanerin, väterlicherseits mit Wurzeln in Polen.

Ernest hat gerade sein erstes großes Abenteuer, die Schlacht gegen den Feind, hinter sich, mit den Schrapnellen einer Mörsergranate im Bein. Die adrette Agnes arbeitet als Krankenschwester im amerikanischen Rotkreuz-Hospital und kümmert sich um den vorlauten Teenager. Vom Krankenbett weg verliebt sich der junge Patient in die hochgewachsene Frau mit dem schönen kastanienfarbenen Haar.

Die mütterlich wirkende Agnes von Kurowsky ist sieben Jahre älter als Hemingway und kommt aus Washington D.C., wo sie in einer öffentlichen Bibliothek gearbeitet hat. Ernest ist hin und weg von der fürsorglichen Frau, er ist zum allerersten Mal in seinem Leben richtig verknallt, am liebsten würde er seine Agnes vom Fleck weg heiraten. Er offenbart sich und schreibt ihr feurige Liebesschwüre, die Angebetete erwidert die Gefühle und ist von dem stattlichen und gutaussehenden Burschen angetan.

Rasch kommt man sich näher und beide schmieden Pläne einer gemeinsamen Zukunft in den Vereinigten Staaten. Als es dem Patienten besser geht, unternehmen die Verliebten Ausflüge in die Umgebung. Die Stunden mit der liebevollen Frau erfüllen den jungen Mann von ganzem Herzen. Trotz seiner schlimmen Verletzung wirkt er ausgelassen und unbeschwert wie selten zuvor.

Monatelang wird Ernest im Mailänder Hospital gesund gepflegt. Ob es zwischen dem Patienten und der Krankenschwester zu mehr als nur zu harmlosen Umarmungen gekommen ist? Wahrscheinlich nicht. Solch ein Typ Mädchen bin ich nie gewesen, wird die attraktive Amerikanerin in späten Jahren verraten. Gleichwohl wird Ernest Hemingway vom Fortgang der Romanze im Innersten tief erschüttert.

Denn Agnes von Kurowsky beendet die Liebelei Knall auf Fall. Nach ein paar Wochen serviert die Angebetete den jungen Kerl trocken ab. „I am now & always will be too old, that’s the truth. I can’t get away from the fact that you’re just a boy – a kid.“ Du bist eigentlich noch ein Kind, jedenfalls bin ich zu alt für dich und werde immer zu alt für dich bleiben.

Kurz und knackig erhält der jugendliche Ernest einen Korb, von der ersten großen Liebe. Die fünf Monate dieser Beziehung werden Ernest Hemingway für den Rest seines Lebens begleiten, er wird diese Frau bis zum letzten Atemzug nicht vergessen. Agnes hat ungekannte Gefühle in ihm geweckt und sie konnte sein Herz erwärmen. Aber sie hat, schließlich und endlich, ihn auch bodenlos verletzt.

An seinen Wunden laboriert der hoch aufgeschossene Kerl auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Seine Kniescheibe ist ersetzt, er muss, längst zurück in der Heimat, monatelang auf Krücken laufen. In Oak Park erhält er eines Tages einen Brief von Agnes. Die Nachricht trifft ihn wie ein Schlag: Sie hat sich mit einem Offizier verbandelt, Tenente Domenico Caracciolo, der Italiener wird ihr neuer Liebhaber.  Nach dem Lesen dieser Mitteilung überfällt ihn ein hohes Fieber und er verkriecht sich tagelang ins Bett.

In seinem Roman aus dem Jahr 1929 – A Farewell to Arms – verarbeitet Hemingway seine traumatischen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg. Leicht lassen sich für die Protagonisten reale Vorbilder erkennen: Frederic Henry – der Ich-Erzähler, ein amerikanischer Leutnant im Sanitätsdienst – erinnert an Ernest selbst. Catherine Barkley, die britische Krankenschwester und Henrys große Liebe, weist deutliche Parallelen zu Agnes von Kurowsky auf.

Über seine vier Ehen hinweg behält Ernest den Lebensweg von Agnes aufmerksam im Auge. Im Juli 1919 fährt

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Das grausame Ende von Pauline Pfeiffer Hemingway

Pauline Pfeiffer
Ernest Hemingway
Ernest Hemingway und Pauline Pfeiffer auf ihrem Hochzeitsfoto. Paris, am 10. Mai 1927. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Die kapriziöse Pauline tritt selbstbewusst auf als Frau von Welt. Allzeit in schicker Garderobe, dezent geschminkt, unaufdringlicher Schmuck. Sie gefällt sich darin, die Extravaganz ihrer Persönlichkeit zu betonen. So wie sie mag man sich ein Mannequin im Paris der 1930er Jahre vorstellen: Grazil, ein wenig blasiert, ausgefallen im Kleidungsstil, eine gertenschlanke Figur, sie wiegt gerade einmal 52 Kilogramm, zarte Gesichtszüge, ein schwarzer Pagenkopf.

Der Anfang von Ernests Ehe mit Pauline gestaltet sich noch ganz nett und entspannt. Nach den materiell spärlichen Jahren in Paris genießt der Autor den üppigen Wohlstand der Pfeiffer-Dynastie. Die frisch Vermählten werden von der Familie ausgehalten wie verwöhnte Millionärskinder. Onkel Gus schenkt ihnen ein Herrschaftshaus in Key West, er bezahlt die Safari nach Nordafrika, das Ehepaar bekommt es vorne und hinten hineingesteckt.

In Paris läuft es zwischen den beiden noch gut. Doch in Key West kann der Autor sich nicht an das Bonzendasein gewöhnen. Dies ist nicht Ernest Hemingway, der kernige Bursche vom Michigan See. Er wirkt unglücklich, irgendwie fehl am Platz. Er sieht sich als Schriftsteller, nicht als Dandy. Die Affären häufen sich, er tut sie als eine Art Notwehr ab. Zum Schluss schickt Ernest seiner reichen Gattin die Scheidungspapiere. In Form einer Kurzgeschichte. Schnee auf dem Kilimandscharo.

Diese Short Story, im August 1936 erstmals veröffentlicht, ist ein Tiefschlag für Pauline. Der umtriebige Abenteurer hat die Schnauze voll von der erzkatholischen Gattin und dem wohlfeilen Brimborium. Durch die Blume seiner Prosa lässt er verlauten, er habe seine Seele verkauft. Ernest will einen Schlussstrich ziehen unter diesen Irrtum. Sein Blick richtet sich bereits auf eine neue Flamme – ihr Name ist Martha.

Mit der umtriebigen Journalistin Martha Gellhorn wird ihm bewusst, wie sehr ihn diese Ehe in eine Sackgasse manövriert hat. Er ist angezogen worden von der Laszivität des Models, nachdem ihn die Ehe mit Hadley und das Leben mit dem Sohn John in Paris eingeengt hat. Doch plötzlich hat er – nach den ersten Tornados der Leidenschaft – eine weitere Ehe an der Backe, mit zwei weiteren Söhnen. Auch diese Ehe – sie dauert offiziell von 1927 bis 1940 – fährt Ernest voll gegen die Wand.

Pauline Pfeiffer verbringt den Rest ihres Lebens in dem herrschaftlichen Haus in der Whitehead Street 907 und heiratet kein weiteres Mal. Ernest Hemingways zweite Ex-Ehefrau eröffnet in Key West das Bahama House, ein Geschäft für Raumausstattung, und macht in amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften Werbung für Johnson’s Wax, das Fußböden und Möbel gepflegt erscheinen lässt.

Die tapfere Pauline bleibt sesshaft und verreist höchst selten, ab und an nach Kalifornien, wo ihre Schwester Virginia mit Lebensgefährtin in Los Angeles lebt. Im Grunde ihres Herzens ist sie ein gutbürgerlicher Charakter, der extravagante Charme in Paris hat alle getäuscht. Die anstrengende Partnerschaft mit dem Schriftsteller hat Pauline hinter sich und anstrengende Jahre mit den beiden Söhnen, insbesondere mit Gregory, vor sich.

Am 29. September 1951 wird der 19-jährige Sohn Gregory, der jüngste Hemingway-Spross, vollgepumpt mit Drogen, von der Polizei auf der Damentoilette eines Kinos festgenommen, in Frauenkleidern. Ernest macht seiner ehemaligen Frau am Telefon laute Vorwürfe, sie versage in der Erziehung des feinsinnigen Gregory, des schwarzen Schafs in der Familie, wie er meint. Pauline, bei ihrer Schwester Jinny in deren Haus in den Hollywood Hills, und mit dem Sohn in einer Arrestzelle, bekommt heftige Bauchkrämpfe.

Gegen Mitternacht wird sie als Notfall ins St. Vincent’s Hospital eingeliefert. Die zweite Mrs. Hemingway, ohnehin von kränklicher Natur, verblutet innerlich im Schockzustand am 1. Oktober 1951 auf dem Operationstisch an einer seltenen Tumorkrankheit der Nebenniere. Der Tumor stößt in jener Nacht eine solche Menge an Adrenalin aus, der zusammen mit dem hohen Blutdruck, zum

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Ernest Hemingway – die Liebe des Macho

Ernest Hemingway
Ariana Ivancich
Kuba
Wenn Liebe und Tod eng beieinander liegen. Ernest Hemingway und seine platonische Geliebte Adriana beim Tontaubenschießen im Oktober 1950 auf Kuba. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Ernest Hemingway hält harte Kost bereit für den Leser. The world breaks every one and afterward many are strong at the broken places. But those that will not break it kills. It kills the very good and the very gentle and the very brave impartially. So mag seine Sicht auf die Dinge des Lebens sein. Der Mensch im andauernden Kampf ums Überleben, Ausgang ungewiss. Die Welt zerbricht jeden, und nachher sind viele stark an den zerbrochenen Orten. Doch diejenigen, die nicht zerbrechen wollen, die werden getötet. Und es trifft immer die Besten und die Sanftmütigsten und die Tapfersten, ohne Unterschied.

Betont maskulin kommen seine Prosa und die Plots daher. Toreros werden aufgespießt, Unsicherheiten im Alkohol ertränkt, Schlachten werden geschlagen, Tote sind zu beweinen. Dennoch wirkt Ernestos Kosmos zart und zerbrechlich. Seine Macho-Welt scheint nicht so gefestigt, dass sie all den Herausforderungen eines Lebensweges trotzen würde. Stier und Torero sind beide todgeweiht. Diese Todesweihe wird zum Wesensmerkmal in seinem Leben und zugleich zu einer krankhaften Manie.

Kein Kraut, das dagegen gewachsen ist. Vielleicht nur die Liebe. Um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, ist er Schriftsteller geworden. Deshalb schreibt Ernest Hemingway über den Tod und über die Liebe und über das Leben. Hinter all den Verletzungen und Niederlagen keimt ein zarter Blütenkelch. Selbst wenn er scheitert. Diese zwiespältigen Gefühle von Hemingways Helden sind dem Leser nicht fremd, denn es sind ebenso seine Gefühle.

Der Mann vom Michigan See beschreibt das Leben, wie es ist: Die anstrengende Suche nach Liebe und Anerkennung. Versuch, Irrtum und dann der Misserfolg. Oft genug hat er es in seinem Privatleben probiert und hat Schiffbruch erlitten. Und siehe da, trotz aller Pleiten hat er einen neuen Versuch gewagt. Und ist abermals gescheitert. Was treibt ihn an und lässt ihn hoffen?

Als Vision leuchtet die Liebe, die Liebe in allen Facetten. Auch das Herumtollen in fernen Gegenden gehört zu seinem Universum der Leidenschaft. Bei Hemingway umfasst die Liebe ebenso die Liebe nach fremden Ländern. Er liebt das Reisen und den Besuch unbekannter Gefilde. Machen Sie sich einen Spaß und ersetzen den geografischen Begriff Paris in seinen Roman durch das Wort Liebe. Die Liebe ist ein Fest fürs Leben.

So wird Italien für ihn immer nach Hingabe riechen und schmecken. Nach Agnes und Adriana. Die Leichtigkeit des italienischen Alltags wird Ernest Hemingway allzeit mit einer tiefen Herzenswärme in Verbindung bringen. Mit einer Wärme, die er in seiner kalten Heimat schrecklich vermisst. Italien wird für den Mann aus Chicago zeitlebens für jene Sehnsucht stehen, die hilft, all die Verletzungen zu vergessen.

Die Liebe hebt den Druck auf das Individuum auf, denn die echte Liebe kennt keine Erwartung und stellt keine Anforderung. Sie ersetzt Einsamkeit durch Innigkeit. Einsam will er nicht sein. Sein Trauma. Ernest Hemingway hasst die Einsamkeit, denn seine Einsamkeit endet in Verlorenheit. Seine Romane können gleicherweise als Schreie gegen die Verlassenheit gelesen werden. Als Hilferufe eines Mannes, der sich tief innen einsam fühlt.

Große Literatur sei ein einsames Geschäft, hat er gesagt, und vielleicht meint er nicht nur die Literatur, sondern zugleich das Leben. Wenn zwei Menschen sich wirklich lieben, dann ist dies ein starkes Gefühl, stärker als jede Einsamkeit und Verletzung. Deshalb sucht er – wo auch immer – nach Zuneigung und nach Hingabe. Nach der unsterblichen Liebe. Nach der Liebe, die über den Tod hinaus besteht.

Die richtige Liebe unterscheidet nicht mehr zwischen Körper und Geist und Seele. Die Liebe ist mehr als Trieb, Herz und Leidenschaft. Die wahre Liebe umarmt alles: das Verlangen, alle Gefühle, die Naturverbundenheit, das Ideal. Als Romantiker hört Ernest nicht auf, an das

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Das traurige Ende von Mary Welsh, der Ehefrau Ernest Hemingways

Mary Welsh Hemingway
Das Grab von Mary Welsh Hemingway. Sie ruht neben ihrem Ehemann auf dem Dorffriedhof von Ketchum. Foto: W. Stock, im April 2018.

Für Mary Welsh ist der Selbstmord ihres Ehemannes am 2. Juli 1961 besonders schmerzlich. Sie hat sich jahrelang zurückgenommen und nun tritt Ernest aus dem gemeinsamen Leben, ohne ein Wort zu sagen und ohne Abschied von der Familie. Tief im Inneren spürt sie, dass die beiden Patronen auch eine Abrechnung mit ihr sind. Doch Mary wahrt die Fassung, erzählt der Öffentlichkeit und der Presse etwas über einen Unfall beim Waffenreinigen und lebt nach Ernests Selbsttötung weiterhin in dem Haus im Sun Valley.

Nach seinem Tod lässt sich Miss Mary zu einem trotzigen Seitenhieb hinreißen. Zusammen mit ihrer Freundin Clara Spiegel bricht sie auf zu einer Safari nach Afrika, nach Kenia und Tansania. Sie will es sich beweisen: Es geht auch ohne ihn. Und ohne Debba, oft hatte Ernest von der Massai-Schönheit geschwärmt. Ansonsten führt Mary ein zurückgezogenes Witwenleben in Ketchum, erst später zieht sie um nach New York in ihr Apartment.

Mit Fidel Castro persönlich handelt Miss Mary Mitte der 1970er Jahre in Havanna eine Vereinbarung aus. Sie darf einige Manuskripte, Bilder, Unterlagen und Erinnerungsstücke ihres verstorbenen Mannes aus der Finca Vigía in die USA mitnehmen. Im Gegenzug muss sie das komplette Anwesen samt restlichem Inventar an den kubanischen Staat übereignen, an the Pueblo of Cuba, wie die schlaue Mary etwas verschachtelt in der handgeschriebenen Abtretungsurkunde formuliert.

Als Generalerbin verwaltet die Witwe den umfangreichen literarischen Nachlass. Ernest ist unglaublich fleißig gewesen und hat über 3.000 unveröffentlichte Manuskriptseiten hinterlassen. Nach und nach wird einiges von Mary schließlich zum Abdruck freigegeben. So die Erinnerungen an seine Zeit mit Hadley in Europa unter dem Titel Paris – Ein Fest fürs Leben im Jahr 1964, die kubanische Erzählung Inseln im Strom im Jahr 1970 und der Experimental-Roman Der Garten Eden im Jahr 1986.

Miss Mary ist eine selbstbewusste Frau, die nach der Heirat mit Ernest immer im Schatten stehen muss. Die einst ehrgeizige Journalistin kann neben ihrem prominenten Ehemann nicht leuchten, sie ist so klug, dies zu wissen. Es reicht ihr, wenn beide auf Finca Vigía bei gleicher Augenhöhe ihren Alltag meistern. Sie hat an Ernest hier und da herumgenörgelt, ohne ihn umerziehen zu wollen, wie dies mitunter bei Martha Gellhorn der Fall gewesen ist.

Die burschikose Frau kennt seine Macken und Schwächen, auch die Sauftouren und Seitensprünge bleiben ihr nicht verborgen. Und doch ist Mary auf eine pragmatische Art und Weise mit den Exzessen ihres Ehemannes zurecht gekommen. Ihn zu bändigen, sie weiß es, ist zwecklos. Mary schaut über seine Fehltritte hinweg , blendet die Missstände aus und richtet den Blick auf die schönen Stunden.

Ihre Sicht der Ereignisse legt Mary Welsh in der umfänglichen Biografie How it was erstaunlich unbeschönigt dar. Immer häufiger zieht sie sich in ihr Penthouse am Central Park zurück und igelt sich ein. Nach wie vor hört man kein böses Wort von ihr über den verstorbenen Mann. Doch Mary fühlt sich einsam, ohne Mann, ohne Kinder und ohne Enkel. Trost sucht sie mehr und mehr im Alkohol.

Die letzten Jahre in ihrem Apartment an New Yorks 65th Street sind nicht schön. Krankheiten und das Alleinsein setzen ihr zu. Das Telefon bleibt immer öfter still. Ernests Freunde sind nicht die ihren gewesen. Nach langem Leiden stirbt sie im November 1986 im St. Luke’s Hospital in Manhattan im Alter von 78 Jahren. Ihr Körper wird eingeäschert und die Urne nach Idaho überführt. Mary Welsh liegt

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Ernest Hemingway – ein Autor ohne Frauen

Ernest Hemingway
Ernest Hemingway auf Entenjagd in Idaho. Mit dem besten Freund des Mannes. Black Dog. Im Oktober 1941. Photo Credits: Ernest Hemingway Collection of the John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Ernest Hemingway ist ein Autor ohne Frauen. Mehr noch, der Nobelpreisträger von 1954 gilt den meisten als einschlägiger Männer-Versteher. Ernesto, der Ober-Macho in der Literatur. Es ist nicht zu leugnen: Seine Erzählungen und Romane kommen nahezu ohne Frauen aus. Was ist bloß los mit dem Mann?

An dieser Stelle sollte man jedoch Werk und Mensch fein trennen. Im richtigen Leben ist er von der Damenwelt umzingelt. Vier Ehen, dazu zahllose Affären. An manchen Tagen kommt er mit drei Frauen zusammen. Vormittags auf Finca Vigía mit Ehefrau Mary, nachmittags bei der Dauergeliebten Leopoldina in der Altstadt von Havanna und abends möglicherweise dann noch die schnelle Nummer.

Als physischer Mann ist dieser Kerl electrico. In seinen Romanen und Erzählungen, als Schriftsteller in Bezug auf Frauen: tote Hose. So bleibt es bei einer reinen Männerwelt zwischen zwei Buchdeckeln. Vor den Bullen in Pamplona laufen die verwegenen Burschen der Stadt. In seinem Meisterwerk Der alte Mann und das Meer kommt erst gar keine Frau vor. Auch in seiner brillanten Kurzgeschichte Der Unbesiegte nicht. Oder in The Killers. Alles Stücke ohne Frauen. Null, nada, nichts. Nicht einmal in einer Nebenrolle.

Es gibt Geschichten von Hemingway, da schleichen sich Hunde und Katzen in den Plot, Bullen und Stiere ohnehin. Jedoch keine Frauen. In seiner ganz famosen Kurzgeschichte aus dem Spanischen Bürgerkrieg Alter Mann an der Brücke sorgt sich ein greiser Mann auf der Flucht vor den Faschisten um seine Tiere, die er zurücklassen muss. Men Without Women – zu Deutsch Männer ohne Frauen – heißt eine Sammlung von frühen Short Stories aus dem Jahr 1927. Welch ein Buchtitel! Es geht um blutigen Stierkampf, gedungene Mörder und feiste Boxer – wahrlich kein Dunstkreis für das schöne Geschlecht.

Seinen Kritikern und vor allem seinen Kritikerinnen macht es dieser Schriftsteller allerdings leicht. Besondern Feministinnen weisen mit gutem Recht darauf hin, hier entlarve sich in persona wie auch in seinen Erzählungen ein reaktionärer Chauvinist. Ein Sexist, wie er im Buche steht. Ein Pascha, ein Obermacker. Alles richtig und zutreffend. Zumal dieser Naturbursche aus dem Mittleren Westen der USA ja alles tut, um die Vorurteile zu bestätigen.

Andererseits gibt es Geschichten – von Fiesta bis Inseln im Strom – da tauchen schon Frauen auf. Aber mit solchem Stereotyp, dass es beim Lesen mitunter weh tut. In derlei Texten findet man die blutjunge Geliebte in Venedig, die herzerfrischenden Huren aus dem El Floridita, eine nymphomanische Lady bei den Sanfermines – irgendwie plagt diesen Mann ein gehöriges Problem in Bezug auf sein Frauenbild.

Es hat wohl mit seiner Kindheit zu tun, mit der dominanten Mutter und einem Waschlappen namens Vater. Den Vater Clarence verehrt er, die Mutter Grace hasst er. An dieser Prägung mag es liegen, dass viele meinen, dieser Autor sei aus der Zeit gefallen. Sein Blick auf Männer und Frauen bleibt von Anfang an eindimensional. Für die Gender-Forschung unserer Tage ist dieser Mann ein Glücksfall.

Aber Hemingways Themenkreise sind wirklichkeitsnah. Qualvoll obendrein. Der Mann aus Oak Park beschreibt die brüchige Welt der Verlorenen Generation. Schlachten, Kämpfe, tote Stiere. Wie kann es anders sein, bei einem Kerl, der als 18-Jähriger im Ersten Weltkrieg lebensgefährlich verwundet wird. Der zwei Flugzeug-Unglücke überstanden hat. Allzeit den Tod vor Augen dekliniert Ernesto seine Helden an der kaputten Realität rauf und runter. Als Idealbild eines männlichen Kämpfers. Der seine Probleme alleine lösen muss. Und scheitert. Ein Krieger ohne Sieg. Dies alles ist keine Entschuldigung, bestenfalls eine Erklärung. 

Welche Chance vergibt Hemingway in seinem Männerbild! Das Zulassen einer weichen Seite in uns, eines gefühlvollen Kerns, dies ist nicht seine Sache. Dieser Mann vermag nicht über seinen Schatten zu springen, die Prägung ist zu stark, die Verletzungen sind zu groß. Aber Obacht. Wir liegen nicht

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Gertrude Stein – die kluge Lehrmeisterin des Ernest Hemingway

Gertrude Stein
Er solle sich mit dem Aufregenden befassen, das er in Europa vorfinde. Pamplona, da gäbe es alljährlich ein Spektakel rund um Leben und Tod. Ernest beherzigt den Ratschlag der Gertrude Stein. Und so nimmt die Literaturgeschichte ihren Lauf.

Am 8. Februar 1922 besuchen Ernest Hemingway und seine Frau Hadley zum ersten Mal die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein, es ist eine Einladung zum Nachmittagstee. Die wohlhabende Kunstsammlerin und einflussreiche Mäzenin wohnt in Paris zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Alice Toklas in einem feudalen Apartment in der Rue de Fleurus. Gertrude Stein ist zu jenem Zeitpunkt 48 Jahre alt, Ernest gerade einmal 22. Die resolute Frau nimmt schnell die Aufgabe einer Mentorin ein für den jungen Mann aus Oak Park.

Gertrude Stein ist eine Schriftstellerin von ungeheuerem Fleiß und mit Mut zur Veränderung. Sie veröffentlicht originelle Erzählungen und Bühnenwerke, auch der Umfang ihres Briefwechsels bleibt beachtlich. Mit ihrer experimentellen Erzählweise – wie in ihrem tausend Seiten dicken Hauptwerk The Making of Americans – setzt sie sich über die üblichen grammatikalischen Konventionen hinweg, verzichtet weitgehend auf Satzzeichen und baut endlose Variationen und Satzwiederholungen ein. Doch der kommerzielle Erfolg der risikofreudigen Autorin erreicht nicht den verdienten Ruhm. Ihr Einfluss auf die Vertreter der Lost Generation allerdings bleibt beachtlich, gleichermaßen wie ihre Rolle als Vorkämpferin feministischer Ideale.

Paris in den 1920er Jahren ist ein brodelnder Ideentopf. Auf einmal wird nicht mehr nur impressionistisch oder expressionistisch gemalt, sondern es elektrisieren Stilrevolutionen wie Kubismus, Surrealismus und Dadaismus. Künstler malen wirr und konfus, wie aus einem überdrehten Traum. Schriftsteller schreiben ohne Punkt und Komma, mancher Roman liest sich wie aus dem Tollhaus geworfen. All dies ist eine aufregende Welt für einen Arztsohn aus dem biederen Speckgürtel von Chicago.

Bei Frau Stein in Paris gehen die experimentierfreudigen Künstler jener Zeitepoche ein und aus. Die Maler Pablo Picasso, Henri Matisse, Juan Gris und Georges Braque, auch die Schriftsteller Ezra Pound, F. Scott Fitzgerald, Ford Madox Ford und James Joyce oder die Komponisten Darius Milhaud und Arthur Honegger. Zu ihnen gesellt sich ab Februar 1922 ein unbekannter Journalist namens Ernest Hemingway. Der hochgewachsene Korrespondent für die kanadische Tageszeitung Toronto Star fällt auf durch ein gesundes Selbstbewusstsein und höhere Ambition.

Die Mäzenin aus Pittsburgh ist eine Person von Einfluss und Erfahrung in den Pariser Künstlerkreisen, sie findet Gefallen an dem kernigen Kerl und fördert seine Begabung als Autor. Sie erkennt die innovative Qualität von Ernests Schreibweise auf den ersten Blick. Er könne vielleicht irgendeine neue Art von Schriftsteller werden, sagt sie. Doch mehr als einmal fällt der hemdsärmelige Amerikaner unangenehm auf in der soignierten Runde des literarischen Salons in der Rue de Fleurus 27.

Der junge Journalist redet in einem fort über Sex. „A man talking so much about sex“, meint Frau Stein pikiert, „must be either important or impotent.“ Wer so viel über Sex redet, der müsse entweder important oder impotent sein. Auch Hadley hat zu knabbern. Die bodenständige Mrs. Hemingway wird mit der lesbischen Künstlerin nicht so recht warm und fühlt sich in deren Gesellschaft unwohl. Sprachlos reagiert sie, als Gertrude Stein vorschlägt, Hadley solle ihr schönes langes Haar doch kurz schneiden lassen. 

Trotz manch Reibereien wird Gertrude Stein zu einer scharfsinnigen Lehrmeisterin für den angehenden Erzähler. Sie liest seine Entwürfe, korrigiert umsichtig, regt Verbesserungen an. Als sie das Manuskript Up in Michigan durcharbeitet, bezeichnet sie die Geschichte als unpublizierbar. Gertrude Stein hält vor allem Hemingways Schauplätze für passé, das meiste spielt sich in der nördlichen Seenlandschaft seiner ländlichen Heimatregion ab. Er möge doch nicht über Dinge schreiben, die keiner lesen will. Im gebeutelten Europa lägen die Themen doch auf der Strasse.

Klar und deutlich erkennt die lebenskluge Gertrude Stein das Potential von Ernest Hemingway als Romancier und als Schreiber von Kurzgeschichten. Einen Zeitungsreporter sieht sie in ihm nicht, verschwendetes Talent. Als der Mittzwanziger die nicht einfache Entscheidung treffen muss, mit dem Journalismus aufzuhören und seinen Korrespondentenvertrag zu kündigen, ermutigt sie ihn, ins Risiko zu gehen. Ihre literarischen Ratschläge sind für den Novizen noch wichtiger.

Zunächst sensibilisiert Gertrude Stein den jungen Autor für die Wichtigkeit der Wörter, sie erklärt ihm die Bedeutung von Wortwiederholungen, drängt ihn zu einer minimalistischen Erzählweise, Ernests lakonische Sätze zeigen ihren Einfluss. Der junge Journalist akzeptiert Gertrude Stein als seine Lehrmeisterin, es geht so weit, dass er ihre Angewohnheiten kopiert und beispielsweise seine Texte in einem blauen Notizbuch festhält, ganz wie sie. Ernest zeigt sich als ein aufmerksamer Zuhörer und eifriger Schüler.

Hemingway, der nie eine Hochschule besucht hat, lernt schnell. Ab 1924 ist er nicht mehr auf die Ratschläge der Frau Stein angewiesen. Seine Sicht der Dinge, seine Themenkreise und sein literarischer Stil beginnen sich zu festigen. Auch die Leser erkennen sein Talent. Sein erster großer Roman The Sun Also Rises – er spielt vorwiegend in Pamplona während der Sanfermines – schlägt 1926 ein wie eine Bombe. Ernests Art zu schreiben und seine Themen wirken unverbraucht und freiheraus.

Der Erste Weltkrieg hat die Menschen verändert. Die Kämpfe an der Front sind grausam gewesen. Ein solcher Zivilisationsbruch lässt eine lost generation zurück, der Begriff ist von Gertrude Stein geprägt. Er meint eine Generation, deren Werte und Zuversicht mit einem Schlag zerstört worden sind. Mit dem Naturburschen, der rund um den Lake Michigan aufgewachsen ist, kommt nun ein neuer Typus in die Welt der Literatur. Ernest Hemingway schwingt sich empor zur Stimme der belesenen Mittelschicht, dieses Mannsbild erstrahlt als Identifikationsfigur, auf die so viele gewartet haben. Endlich! Ein Erlöser, wenn man will, literarisch zumindest.

Privat vertieft sich die Freundschaft zunächst. Gertrude Stein und Alice Toklas werden Taufpatinnen von Sohn John, der im Oktober 1923 geboren wird und in Paris aufwächst. Liebevoll kümmert sich das lesbische Paar um den Sprössling der Hemingways, es geht mit dem Baby spazieren, besucht die Spielplätze und die Parks, wie den Jardin du Luxembourg, der bei der Rue de Fleurus um die Ecke liegt.

Die Freundschaft jedoch zerbricht nach wenigen Jahren, 1926 verkracht sich Ernest mit Gertrude, es sind

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Ernest Hemingway, Mata Hari und die Metaphysik

Mata Hari, eine exotische Tänzerin, die eine deutsche Spionin gewesen ist. Auch Ernest Hemingway wird berauscht.

Ernest Hemingway, in weinseliger Runde, kommt schnell in Fahrt im März 1954. In allen Einzelheiten erzählt er in Venedig von seiner Begegnung mit der holländischen Spionin Mata Hari.

Ich kannte sie nicht besonders gut, denn ich war nur ein einfacher Unterleutnant und sie verkehrte mit hohen Offizieren und Regierungsministern. Aber eines Abends habe ich sie so richtig durchgebumst, obwohl, ich fand sie ziemlich mächtig um die Hüften herum. Jedoch lag ihr mehr daran, an sich selber zu denken, als an den Mann.

Welch eine Story! Ernest beglückt die holländische Spionin und Nackttänzerin Mata Hari. So erinnert sich sein Freund A. E. Hotchner in der Biografie Papa Hemingway. Sein enger Kumpel Hotch hört diese Geschichte aus seinem Mund mehr als einmal. Ernest wird nicht müde, diese bunte Episode seines Lebens in alle Welt hinaus zu posaunen.

Mata Hari, die Bezeichnung steht in der malaiischen Sprache für Sonne, ist der Künstlername der niederländischen Schönheit Margaretha Geertruida Zelle aus Leeuwarden. In französischen Hochkreisen späht sie unter dem Decknamen Agent H 21 während des Ersten Weltkriegs für den deutschen Nachrichtendienst. Im Hauptberuf ist Mata Hari als Revue-Tänzerin und exzentrische Künstlerin im Paris nach der Jahrhundertwende eine Zelebrität.

Solch eine Frau erregt natürlich die Phantasie eines Schriftstellers. Ernest Hemingway ist nicht nur ein außergewöhnlicher Journalist und Autor. Sondern zudem, so will es scheinen, ein Mensch mit metaphysischer Befähigung. Denn als die Spionin Mata Hari im Februar 1917 in Frankreich verhaftet und für ihren Prozess inhaftiert wird, da drückt der 17-jährige Ernest in Oak Park bei Chicago die Schulbank.

Erst im Juni 1917 beendet der Schüler in seinem behüteten Heimatort die High School. Da ist er immer noch 17 Jahre alt und streckt vorsichtig die Fühler aus nach

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Ein Sexprotz? Die Wahrheit über Ernest Hemingway wird viele überraschen

Ernest Hemingway
Martha Gellhorn
Sex
Martha Gellhorn, die dritte Mrs. Hemingway, und ihr Gatte Ernest 1940 im Sun Valley, Idaho. Credit Line: Ernest Hemingway Collection. John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Zu Weihnachten 1936 donnert eine hinreißende 28-jährige Amerikanerin aus Missouri in das Leben von Ernest Hemingway. Am späten Nachmittag betritt Martha Gellhorn in Begleitung ihrer Mutter und des Bruders das Sloppy Joe’s in Key West. Die junge Frau trägt ein schwarzes Kleid, das ihre langen goldblonden Haare noch goldener strahlen lässt. Die Schönheit, mit der Figur eines Models und mit einem mädchenhaften Gesicht, zieht die Blicke aller Männer in der Kneipe auf sich. 

An der Theke schnellt ein schnauzbärtiger Mittdreißiger, ohne zu überlegen, aus seinem Barhocker und nähert sich dem Tisch der Gellhorns. Ernest Hemingway, stellt er sich vor, Sie müssen den doppelten Daiquirí probieren. Mutter Gellhorn nickt flüchtig. Vier Papa Dobles, ruft der Autor dem schwarzen Barkeeper Al Skinner zu. 

Ein ungewöhnliches Pärchen hat sich da im Sloppy Joe’s gefunden. Hier die bildhübsche, ein wenig blassgesichtige und chic gekleidete Intellektuelle, dort der groß gewachsene sonnengebräunte Hallodri, dem das ungekämmte Haar wild über die Stirn ins Gesicht fällt und der seine Fischershorts mit einem Hanfstrick gebunden hat. Aus dem ungleichen Paar wird ein Liebespaar, im November 1940 heiraten beiden, es ist die dritte Ehe des prominenten Autors. Die Ehe hält nicht lange, die Scheidung erfolgt fünf Jahre später im Dezember 1945. 

Das Eheleben besteht aus vielen Hochs und noch mehr Tiefs. Denn Martha Gellhorn ist nicht bereit, für Ernest  ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Sie ist eine famose Kriegsreporterin, sie hat ihren eigenen Kopf. Die erfolgreiche Journalistin ist so ganz anders als die mütterliche Hadley und die fürsorgliche Pauline. Sie mag ihre Freiheit, sie ist ehrgeizig und von einem eisernen Willen geprägt. Sie hat den Anspruch, es in ihrem Beruf zu etwas zu bringen, ohne sich selbst zu verbiegen. Martha ist eine kluge und zupackende Frau.

Auf der anderen Seite ihr Gatte. Bekanntlich ein Schürzenjäger und Womanizer. Denkt man. Wie der Sex mit Ernest gewesen sei, selbst darauf gibt Martha offenherzig Antwort. Such a ghastly lover — wham bam thank you ma’am, or maybe just wham bam. Ihr Urteil ist ein Tiefschlag für den allseits angehimmelten Hemingway. So ein grässlicher Liebhaber – ruck zuck, und vielen Dank, Madam, oder vielleicht nur ruck zuck.

Und Martha liefert die Begründung zu dem Desaster. Keine Erfahrung. Zwei jungfräuliche Ehefrauen vor mir, und ich habe meine Stimme nicht erhoben, ich habe mich nicht beschwert, weil ich glaubte, es sei meine Schuld, dass ich nicht komme. Der große Sex-Erzähler und Schriftsteller muss in der Tat Angst vor Frauen gehabt haben. Bemerkenswert…

In der Öffentlichkeit leuchtet das Renommee des Schriftstellers in hellsten Farben. Ein Mannskerl, der nichts anbrennen lässt. So sein Image. Sein Image. Er baut es auf von sich. Der Mann vom Michigan See hegt und pflegt sein kerniges Ansehen, wo er nur kann. Ernest Hemingway – die Verkörperung von Männlichkeit und Virilität. Doch wie

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Machtprobe im großen Krieg: Mr. Hemingway gegen Mrs. Hemingway

Die Collier’s-Ausgabe von 30. September 1944 veröffentlicht einen Artikel von Ernest Hemingway, wie auch einen von seiner Ehefrau Martha Gellhorn.

Sechs Artikel schreibt Ernest Hemingway für das US-Wochenmagazin Collier’s aus dem Zweiten Weltkrieg. Der damals schon berühmte Autor berichtet aus London, von der Landung in der Normandie, aus Paris, von der Front in der Schnee-Eifel. Die Reportagen werden zwischen Juli und November 1944 in der viel gelesenen Zeitschrift veröffentlicht. Cabled from Paris steht über dem Text, die Artikel werden über Funk dem Magazin durchgegeben.

Collier’s, im Jahr 1888 von Peter Fenelon Collier gegründet, ist eine linksliberale Wochenzeitschrift, mit einem guten investigativen Journalismus und Beiträgen von zahlreichen Edelfedern. Auch die Cartoons und Illustrationen gehören mit zum Besten in der damaligen Zeit. Mitte der 1940er Jahre erreicht das Wochenmagazin in den USA eine Auflage von 2,8 Millionen Exemplaren.

Anfang 1944 bietet sich Ernest dem Magazin als Kriegsreporter in Europa an. Sein Verhalten gründet einen Tiefpunkt in der Ehe mit Martha Gellhorn. Die dritte Mrs. Hemingway, eine renommierte Journalistin, hat schon für Collier’s aus dem Spanischen Bürgerkrieg berichtet. Und sie ist nicht bereit, nach der Eheschließung beruflich kürzer zu treten.

Are you a war correspondent or wife in my bed?, faucht Ernest 1943 seine Ehefrau an, als Martha ihm ihre Pläne offenbart. Sie möchte aus Europa über den Zweiten Weltkrieg berichten. Ob seine Frau eine Kriegskorrespondentin oder die Frau in seinem Bett sei, die Antwort bekommt er von der resoluten Martha postwendend. Denn die ehrgeizige Journalistin wird sich gegen seinen Willen aufmachen von ihrem sonnigen Refugium Finca Vigía auf Kuba nach Europa.

Collier's Magazine

Einträchtig steht das Ehepaar Ernest Hemingway und Martha Gellhorn im Impressum von Collier’s untereinander. Doch in Wirklichkeit scheppert es.

Was dann kommt, gleicht einer Seifenoper. Der erzürnte Ernest lässt sich in seiner Wut zu einem hundsgemeinen Winkelzug hinreißen. Auch er geht für Collier’s nach Europa, er schreibt für dasselbe Magazin und will so seine Ehefrau vor den Augen der Leser in den Schatten stellen. Und so kommt es, dass Ernest aus dem Zweiten Weltkrieg berichtet, um seiner Gattin eins auszuwischen.

Battle for Paris nennt Ernest eine Reportage, sie beginnt auf Seite 11 in der Ausgabe vom 30. September 1944. Man erwartet einiges. „Hier ist die erste Depesche des Collier’s-Korrespondenten, der selbst lange in der Stadt des Lichts lebte“, wird der Bericht angekündigt.

Während dieser Zeit wurde ich von den Kämpfern der Résistance als „Herr Hauptmann“ angesprochen. Das ist im Alter von fünfundvierzig Jahren ein sehr niedriger Rang, und so sprachen sie mich in Gegenwart von Fremden gewöhnlich mit „Herr Oberst“ an. Denn sie waren ein wenig aufgebracht und beunruhigt über meinen sehr niedrigen Rang. Und einer von ihnen, dessen Aufgabe es seit einem Jahr war, sich Minen zu schnappen und deutsche Munitionslastwagen und Stabswagen in die Luft zu jagen, fragte mich vertraulich: „Mein Hauptmann, wie kommt es, dass Sie trotz Ihres Alters, Ihrer zweifellos langen Dienstzeit und Ihrer offensichtlichen Verwundungen (verursacht in London durch den Aufprall mit einem stehenden Lastwagen mit Wassertank) immer noch nur Hauptmann sind?“ „Junger Mann“, antwortete ich ihm, „ich konnte im Rang nicht aufsteigen, weil ich weder lesen noch schreiben kann.“

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist ColliersBattle2-1-1-806x1024.jpg

Battle for Paris überschreibt Hemingway seine Reportage.

Es könnte lustig sein, wenn alles nicht so ernst wäre. Als Ungedienter, Ernest ist 1918 durch die Musterung gefallen, plagt ihn mal wieder sein Komplex eines nicht vorhandenen Offiziersrangs. Wenn es nur das wäre! Weil Ernests Gedanken vornehmlich um ihn kreisen, beißt sich Battle for Paris an Äußerlichkeiten fest. Diese selbstverliebte Geschwätzigkeit des Autors stösst mehr als einmal sauer auf. Doch Hemingway in seiner Eigensucht sieht nur sich selbst, dieser Krieg, der die Welt aus dem Fundament reißt, erscheint wie ein Ausflug zum Baseball-Match gegen die Mannschaft aus der Nachbarstadt.

Welch ein Unterschied zu seinen Reportagen aus dem Spanischen Bürgerkrieg! Sechs Jahre zuvor hat er leidenschaftliche Berichte aus Spanien geliefert, detailgenau und anschaulich, die Sprache ist engagiert und packend. Im Spanischen Bürgerkrieg erreicht der Journalist Hemingway wohl den Höhepunkt seiner Kreativität. Doch nun – im Zweiten Weltkrieg – plätschern seine Reports an der Oberfläche, dieser begnadete Stilist und Beobachter bleibt störrisch, er geht nicht in die Tiefe.

Ganz anders Martha Gellhorn, die derweil in Europa auf eigenen Spuren wandelt. In der Collier’s-Ausgabe vom 30. September 1944 kommt es unfreiwillig zu einem Showdown. In diesem Heft wird ein langer Artikel von Ernest, als auch eine dreiseitige Reportage von Martha veröffentlicht. Hemingway gegen Hemingway. Er erzählt

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