Auf den Fersen von Ernest Hemingway

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Neu: Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru

Am 15. April 1956 brechen Ernest Hemingway und seine Ehefrau Mary von ihrem Wohnsitz nahe Havanna auf zu einer mehrwöchigen Reise nach Cabo Blanco. In dem abgelegenen peruanischen Fischerdorf sollen die Außenaufnahmen zur Hollywood-Verfilmung von Der alte Mann und das Meer stattfinden.

Fast jeden Tag, von früh bis spät, wird der bärtige US-Amerikaner mit einigen guten Freunden hinaus auf den Pazifik fahren. Warum ist Ernest Hemingway so versessen darauf, in Peru einen schwarzen Marlin zu fangen? Dieses größte Lebewesen, das der Mensch mit eigener Kraft zur Strecke bringen kann.

Auch wenn Ernest Hemingways Leben bis in kleinste Winkel ausgeleuchtet ist, so weiß man über seine 36 Tage in Peru recht wenig. Gut 60 Jahre nach dem Besuch des Nobelpreisträgers ist der deutsche Journalist Wolfgang Stock der Expedition nachgereist. Neben zahlreichen Dokumenten, Fotos und Spuren findet er Zeitzeugen, die sich so lebhaft an Ernesto erinnern, als sei er gestern um die Ecke gebogen.

Zusätzlich hat Wolfgang Stock Archive entstaubt, Kontakte aufgebaut, nach Zeitungsartikeln, Fotos und sonstigen Informationen gesucht. Er hat Schauplätze in Peru, auf Kuba, in den USA und in Europa sorgfältig in Augenschein genommen. Ernest Hemingways fünf Wochen in Cabo Blanco und die Seitenblicke sollen anschaulich und detailgenau in diese literarische Entdeckungsreise einfließen.

Das Buch Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru rekonstruiert den Aufenthalt eines sympathischen Abenteurers mit Träumen und Hoffnungen. Es zeichnet aber auch das Bild eines gealterten Mannes, der mehr und mehr zerrieben wird von seinen Ängsten und Widersprüchen.

Buch-Neuerscheinung

Wolfgang Stock
Cabo Blanco
Mit Ernest Hemingway in Peru

364 Seiten, BoD
12,99 € (Paperback), 6,99 € (E-Book)
ISBN: 9783751972567

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Der König in seinem Garten

Ernest Hemingways einsame Helden drücken das Lebensgefühl vieler Menschen im seelischen Daseinskampf aus, wo auch immer auf diesem weiten Globus.

In der gehetzten Großstadt oder bei der Konversation im intellektuellen Zirkel fühlt sich dieser Naturbursche nicht wohl. Nahe dem Meer hingegen findet er den Balsam für seine Seele, mitten unter bescheidenen Fischern, zünftigen Schankwirten und bodenständigen Handwerkern. Am Golf von Mexiko, vor Key West, auf den Bahamas. Hauptsache irgendwo nahe dem Ozean, dort wirkt dieser kernige Mann ausgeglichen und bei sich.

Das Meer hat es ihm seit jeher angetan, am Meer sucht Ernest Hemingway nach den Antworten auf seine Fragen an die Existenz. Er grübelt nach über die großen Themen seiner Welt: Über die Lust am Leben, über die wahre Liebe und hier macht er sich seine Gedanken über das Sterben. All dies sind die Fragen, die jedes Individuum umtreiben. Auch dieser Umstand mag erklären, warum dieser Nobelpreisträger solch tiefe Spuren hinterlassen hat, während man sich an die Namen anderer Nobelkollegen jener Jahre kaum mehr erinnern kann.

Dieser Schriftsteller ist nicht unbedingt ein Schreiber für die gebildete Hautevolee. Ernest Hemingway mag die einfachen Menschen, das ist unüblich in diesem distinguierten Gewerbe, und die einfachen Menschen mögen ihn. Wie ist die wechselseitige Nähe dieses Literaten zum gemeinen Volk zu erklären? Wohl zu allererst weil Ernest Hemingway seine Helden nahe der Wirklichkeit laufen lässt. Seine Plots wirken nicht konstruiert, dieser Autor greift voll hinein ins Leben, er holt den Leser ab in seiner Welt.

Die Gefühle von Hemingways Helden sind dem Leser nicht fremd, denn es ist das tatsächliche, das wirkliche Leben, über das hier geschrieben wird. Die Suche nach Liebe und Anerkennung, das Aufplustern vor der Bedrohung, der Kampf gegen mächtige Gegner, die Selbsttäuschung vom Sieg und dann doch wieder die Pleite. Es ist diesem Ernest Hemingway wie keinem anderen gelungen, den Zwiespalt der menschlichen Existenz zu erkennen und verständlich zwischen zwei Buchdeckel zu bringen.

Er schreibt über die hehren Ideale der Jugend und die kleinen und großen Wünsche an das Leben, vor allem über die Gier nach Liebe und das Verlangen nach Würde. Dieser Schriftsteller ist fasziniert vom Menschen und die Menschen von ihm. Das macht den Unterschied zu anderen aus, auch mit seiner Lebensgeschichte hat uns dieser Erzähler gepackt. Deshalb hat man ihn verstanden, nicht nur der Literaturprofessor, sondern auch Menschen wie du und ich. 

Ein Leser, der sich auf Ernest Hemingway einlässt, der spürt nach einer Weile, dass sich hinter der rauen Fassade des Boxers und Trunkenboldes, des Schwerenöters und Hasardeurs ein feinfühliger Schreiber allererster Güte verbirgt. Diese Mischung aus rabaukenhafter Oberfläche und humaner Tiefe spricht

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Salinger, Böll, Hemingway und der Hürtgenwald

The Catcher in The Rye, Jerome Salinger Meisterwerk. Zu Deutsch: Der Fänger im Roggen.

Jerome David Salinger wird in New York geboren, im Jahr 1919, als Spross einer jüdisch-litauischen Familie. Nach Schulabschluss und Militärdienst verdient er sich als Verfasser von Filmkritiken erste Meriten. Im Sommer 1941 dann der erste persönliche Tiefschlag: Er verliebt sich in die Tochter des Dramatikers Eugene O’Neill, durchlebt eine kurze Romanze mit dem Mädchen, doch Oona O’Neill verlässt den angehenden Autor und heiratet mit 18 Jahren den vierundfünfzigjährigen Charlie Chaplin.

Jerome D. Salinger schließt sich 1942 dem Counter Intelligence Corps an, dem militärischen Abwehrdienst der USA, und geht nach Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg nach Europa. Mit dem 12. Infanterieregiments nimmt er am 6. Juni 1944 an der Landung in der Normandie teil. Ernest Hemingway und Jerome David Salinger treffen sich im Herbst 1944 zum ersten Mal, in dem von den Nazis befreiten Paris. Sie verstehen sich gut, obwohl sie doch so grundverschieden sind. Etwas anderes eint sie: Beide Amerikaner kommen in den nächsten Wochen bis an die Front der Hürtgenwald-Schlacht, Salinger als Soldat, Hemingway als Kriegskorrespondent.

Nach der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht besucht Jerome Salinger das Konzentrationslager in Kaufering. Der Hürtgenwald ist schon schrecklich gewesen, doch was Salinger im Allgäu sieht, lässt sein Blut in den Adern gefrieren. Im Lager Kaufering IV sind kurz vor der Befreiung durch die Alliierten die invaliden Häftlinge bei lebendigem Leib verbrannt worden. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitet Jerome Salinger, der gut Deutsch spricht, als Zivilist für eine Abteilung des US-Nachrichtendienstes in Gunzenhausen. Er heiratet die deutsche Ärztin Sylvia Welter, später siedelt das Ehepaar in die USA über.

In den Schützengräben des Hürtgenwaldes soll J. D. Salinger die ersten Kapitel seiner grandiosen Novelle The Catcher in the Rye geschrieben haben. Der Fänger im Roggen, ein Entwicklungsroman über das Erwachsenwerden, begründet Salingers Weltruf. In dieser Erzählung schildert der 16-jährige Protagonist Holden Caulfield die zwiespältige Gefühlslage der Jugend und den schwierigen Weg, das eigene Ich zu finden. Der erste Übersetzer der deutschen Ausgabe von The Catcher in the Rye ist kurioserweise Heinrich Böll, der bis zu seinem Tod in Langenbroich gewohnt hat, keine acht Kilometer vom Hürtgenwald entfernt. 

Ernest Hemingway, J. D. Salinger und Heinrich Böll – die Lebenslinien dieser drei Weltautoren schneiden sich im Hürtgenwald. Obwohl keiner der drei Großmeister einen Roman über den Hürtgenwald schreibt, verarbeiten sie die Erlebnisse in der Schlacht, jeder auf seine Weise. 

Der Haudegen Hemingway stürzt sich bekanntlich in jedes Getümmel, je lauter geballert wird, desto besser. Doch das Gemetzel im Hürtgenwald sprengt – selbst für Hartgesottene wie ihn – alle bisher erlebte Grausamkeit. Zuerst flüchtet der bärtige Amerikaner sich in seinen üblichen Sarkasmus und den gewohnten Zynismus. Doch was Ernest Hemingway in der Voreifel Ende 1944 gesehen hat, lässt sich nicht mehr wegdrücken. Mit dem Säbelrasseln ist er nach Hürtgen ein für alle Mal durch.

Heinrich Böll, der zwar nicht an der deutschen Westfreund kämpfen muss, sondern von der Wehrmacht zu Auslandseinsätzen abkommandiert wird, verzweifelt ebenfalls am Krieg. Über die Feldpost bittet er seine Eltern um Pervitin, unter Soldaten Panzerschokolade tituliert, denn nur mit dieser synthetisch hergestellten Droge lassen sich die Angstzustände und das Erschöpfungsgefühl im Krieg aushalten. Als Autor schreibt Heinrich Böll in den Adenauer-Jahren dann tapfer gegen Militarismus und Aufrüstung an, vielleicht ein wenig arglos, dennoch mit einem einnehmenden sympathischen katholischen Ethos. 

Der Horror und die Rohheit im Hürtgenwald, 37.000 Soldaten fallen auf beiden Seiten, lassen sich auch für den anderen Amerikaner nicht aushalten. Die Unbarmherzigkeit, die Jerome David Salinger in der Schnee-Eifel erlebt hat, führen bei ihm zu

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Hanns-Josef Ortheil: Der von den Löwen träumte

Hanns-Josef Ortheil: Der von den Löwen träumte.
Lucherhand, 2019

Auf die Neuerscheinung eines deutsche Autors gilt es aufmerksam zu machen. Hanns-Josef Ortheil schildert in seiner Erzählung den Besuch Ernest Hemingways in Venedig im Jahr 1948. Der berühmte Schriftsteller befindet sich in einer Schaffenskrise, er hat seit langem nichts mehr veröffentlicht.

Schwermut überfällt ihn und die Zweifel nagen, ob er überhaupt ein großer Autor ist. Können die Traumstadt Venedig und eine schöne Venezianerin dem Amerikaner aus der Krise helfen?

Hanns-Josef Ortheil, ein Kölsche Jung und Literatur-Professor, verwebt im Wesentlichen drei Handlungsstränge: der Besuch des prominenten Autors in Italien, die reale Liebelei mit der blutjungen Aristokratentochter Adriana Ivancich und die fiktionale Entstehungsgeschichte von Der alte Mann und das Meer mit dem Fischerjungen Paolo. Ortheil ist ein ganz famoser Schreiber, mit Gespür für Rhythmus und Tempo, Langatmigkeit kann da keine aufkommen. 

Der Buchtitel ist wunderbar gewählt und widersteht der Verlockung mit beispielsweise Hemingway in Venedig stärkere Verkaufsimpulse zu setzen. Denn es geht in erster Linie um Ernest Hemingway, um jenen Der von den Löwen träumte. Der Satz spielt an auf eine Sequenz in der Der alte Mann und das Meer, man kann die Metapher über sein ganzes Leben legen. Er selbst wollte immer so stark sein wie ein Löwe, der Löwe als das Symbol für Kraft und Jugend, ja in letzter Konsequenz, er wollte unsterblich sein. 

Ortheils Roman ist kenntnisreich und erfrischend lebendig geschrieben, ganz ohne Phrasen aus dem Poeten-Stübchen. Diese Nähe lässt sich nur erreichen, wenn der Autor die Wege des Ernest Hemingway in Venedig quasi nachgegangen ist. Dies hat Hanns-Josef Ortheil mit Sicherheit getan, sonst könnte man nicht so anschaulich über das Gritti, über Torcello und die versteckten caffetterias dieser Stadt schreiben.

Vielleser des Ernest Hemingway werden den feinen Humor bemerken, mit dem sich der Kölner dem Mann aus Oak Park nähert. Dabei skizziert er den Menschen Hemingway überaus sympathisch und liebevoll. Nicht über die sattsam bekannten Klischees des Säufers, Weiberhelden oder des Raubeins, vielmehr porträtiert Ortheil ihn – zurecht – als

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Ernest Hemingway erhält den Nobelpreis für Literatur

Per Telegramm erfährt Ernest Hemingway am 28. Oktober 1954 auf seiner kubanischen Farm von der Verleihung des Nobelpreises für Literatur an ihn. Credit Line: Ernest Hemingway Papers Collection, Museum Ernest Hemingway, Finca Vigia, San Francisco de Paula, Cuba

Am späten Vormittag des 28. Oktober 1954 trudelt auf Finca Vigía nahe von Havanna ein Telegramm aus Stockholm ein. Nachdem er die Nachricht gelesen hat, stampft Ernest Hemingway in Marys Schlafzimmer, wo seine Ehefrau noch schläft, der Abend ist lang geworden. Mein Kätzchen, mein Kätzchen, ruft der bärtige Schriftsteller aufgeregt, ich habe das Ding bekommen. Mary reibt sich den Schlaf aus den Augen. Du weißt doch, das schwedische Ding. Mary springt aus ihrem Bett, umarmt ihren Ehemann.

Unter dem Amtszeichen Telégrafo del Estado steht auf dem erdfarbenen Papier des Telegramms mit Datum Octubre 28 de 1954, 11:00 a.m. folgender Wortlaut des Generalsekretärs der schwedischen Wissenschaftsakademie Dr. Anders Österling: At its session today the Swedish Academy decided to award you the 1954 Nobel Prize for literature and I would accordingly request you to notify me if you accept the award. Er möge doch bitte kurz Bescheid geben, ob er die Auszeichnung annehme.

Der Nobelpreis für Literatur. Gibt es auf der Welt eine Trophäe, die dem Leben eines Schriftstellers größeren Glanz verleiht? Er sei ein Wegbereiter, so die Laudatio, er habe eine neue Erzähltechnik entwickelt. Für seine kraftvolle und stilbildende Beherrschung der modernen Erzählkunst, wie zuletzt in ‚Der alte Mann und das Meer‘, schreibt die schwedische Akademie später in der Begründung. 

Schon sein erstes richtiges Buch The Sun Also Rises schlägt im Jahr 1926 ein mit einem Donnerhall. Der frische Stil der Erzählung wird bejubelt, sachlich, lakonisch, durch persönliches Erleben des Autors verbrieft, ein bärenstarker Abenteurer tritt auf, der mit der scheinheiligen Ehrpusseligkeit der ergrauten Vätergeneration bricht. Eigentlich verharrt die angelsächsische Literatur jener Jahre auf Charles Dickens-Niveau, man hegt weiterhin diesen blumigen viktorianischen Schreibstil mit seinen weitschweifigen Verzierungen der Prosa. Sicherlich alles gut gemeint, jedoch erschreckend harmlos und vorgestrig.

Von den Lesern wird Ernest Hemingway mit seinen lebensnahen Themen und dem zeitgemäßen Schreibstil wie eine Lichtgestalt empfangen. Endlich einer, der die ermüdenden Luftblasen des Althergebrachten mit einem Knall zum Platzen bringt. Der Mann aus Chicago wird vor allem deshalb verehrt und geliebt, weil dieser Schriftsteller mit

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Trato de comprender la mar – ich versuche, das Meer zu verstehen

Kurz nach Verkündung der Verleihung des Literatur-Nobelpreises an Ernest Hemingway kreuzt Ende Oktober 1954 das kubanische Fernsehen auf Finca Vigía auf. Der Reporter Juan Manuel Martínez, der sich etwas windig hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckt, fragt im gestelzten Duktus recht umständlich nach dem Befinden des Schriftstellers ob der guten Neuigkeit aus Stockholm.

Und Ernest Hemingway stimmt im Sender CMQ, in den 1950er Jahren eine große Radio- und TV-Station auf der Insel, einen Lobgesang auf sein Gastland Kuba an. Seit 1939 lebt er auf Kuba, die Finca Vigía ist sein tropisches Paradies. Auf der Insel, in der Altstadt von Havanna, in San Francisco de Paula oder in Cojímar ist der bärtige Autor aus Amerika bekannt wie ein bunter Hund. Wenn der hochgewachsene Ernest Hemingway irgendwo auftaucht, wird er rasch von einer Menschentraube umringt.

Der amerikanische Autor überrascht im kubanischen TV mit einem gebrummelten Statement in einem nicht ganz fehlerfreien Spanisch. Ein Spanisch, das gar Begriffe aus dem kubanischen Spanisch verwendet. Er sei ein cubano sato, sagt er, er sei ein kubanischer Straßenköter, eine Promenadenmischung aus USA und Kuba, bunt und wild.

Und das Fischerdorf Cojímar, wo sein Roman Der alte Mann und das Meer spielt, sei más o menos sein Pueblo. Dieser armselige Ort sei mehr oder weniger sein Dorf, sein Volk, seine Heimat, wie der wohl situierte Ernest Hemingway sagt, der Begriff Pueblo kann im Spanischen weit ausgelegt werden.

Darüber hinaus erweckt der US-amerikanische Schriftsteller den Eindruck, hier habe nicht ein Mann aus Chicago, sondern eigentlich ein waschechter Kubaner diesen Nobelpreis erhalten. Und so sagt Ernest Hemingway wortwörtlich: Soy muy contento de ser el primer cubano sato de ganar este Premio. Ich bin sehr glücklich, der erste Kubaner zu sein, der diesen Nobelpreis gewinnt.

Und weil er den Literaturpreis ausdrücklich für Der alte Mann und das Meer bekommen hat, äußert sich der frisch gebackene Preisträger nun zum Meer. Denn sein Leben erschließt sich über das Meer. Das Meer hat mein Schreiben beeinflusst wie nichts anderes, sagt er. La Mar es la gran influencia en mi vida. Das Meer habe einen großen Einfluss auf sein Leben, mehr noch, es sei der große Einfluss auf sein Leben.

Fast beiläufig sagt der bärtige Autor dem kubanischen Fernsehreporter Juan Manuel Martínez, auf Finca Vigía, einen ganz entscheidenden Satz ins Mikrophon.

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The Sun Also Rises

Das Cover der US-amerikanischen Originalausgabe von The Sun Also Rises.

Am 17. Februar 1926 unterzeichnet Ernest Hemingway in New York seinen ersten Vertrag mit Scribner’s and Sons für sein Werk The Sun Also Rises. Im österreichischen Schruns, im Winterurlaub, legt der Amerikaner letzte Hand an sein Erstlingswerk, er hat mit dem Roman über einen Aufenthalt in Spanien Ende Juli 1925 in Valencia begonnen und ihn im September in Paris fertiggestellt. Im April 1926 endlich lässt er das Manuskript seinem Lektor Max Perkins in Manhattan zukommen.

Das Werk erscheint in den USA bei Scribner’s im Oktober 1926 unter dem Titel The Sun Also Rises, ein Jahr später wird der Londoner Verlag Jonathan Cape das Werk unter dem Titel Fiesta publizieren. Es ist das erste richtige Buch Hemingways, wenn man von ersten Versuchen in kleineren Verlagen absieht. Der Roman schlägt – bei Lesern wie bei Kritikern – ein wie eine Bombe. Ein neuer Stil wird geboren, sachlich, lakonisch, nah am Leben. Mit The Sun Also Rises tritt ein Revolutionär auf, der mit dem Pathos der Klassiker bricht.

The Sun Also Rises erzählt von den Erlebnissen des Schriftstellers im Paris der 1920er Jahre und von einer Reise ins baskische Pamplona. In der Stadt an der Seine verkehrt der junge US-Amerikaner in den avantgardistischen Zirkeln der Metropole, in Pamplona nimmt er am Encierro der San Fermines teil, den Festtagen rund um das Bullenrennen. Die moderne Metropole und die traditionsbehaftete Provinz, zwischen diesen beiden Polen bewegt sich Hemingways Aufmerksamkeit.

Die Generation der Intellektuellen nach dem schrecklichen Ersten Weltkrieg und zwischen den Weltwirtschaftskrisen wird oft als lost generation bezeichnet, weil sie so desillusioniert und so ruhelos durchs Leben wankt. Ernest Hemingway gibt mit diesem großen Roman einer verunsicherten Generation eine neue Wertschätzung und vor allem eine neue Sprache. Von den ratlosen Lesern wird der Mann aus Chicago als Lichtgestalt empfangen, weil endlich einer aufhört mit dem scheinheiligen Geschwurbel der Altbekannten.

Merkwürdigerweise bricht der junge Autor nicht rigoros mit dem Althergebrachten. Dem Buch stellt er

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Poem to Mary

Als Kriegsberichterstatter erlebt Ernest Hemingway im Winter 1944/45 die blutigen Kämpfe am deutschen Westwall. Monatelang wird in der waldigen Schneelandschaft der Nordeifel gekämpft.

Diese Schlacht im Hürtgenwald bei Aachen zwischen US-amerikanischen Boden-Divisionen und der Wehrmacht ist so schrecklich, dass Ernest Hemingway meint, seine Gefühle am besten in Versen ausdrücken zu können. Poem to Mary nennt er seine Lyrik, denn er hat gerade seine neue Liebe Mary Welsh kennengelernt.

Und sein Second Poem an Mary geht so:

Now sleeps he
With that old whore Death
Who, yesterday, denied her thrice.
Do you take this old whore Death
for thy lawful Wedded wife?
Repeat after me
I do, I do, I do.
Sixty seven times

Auf Deutsch hört sich dieser dichterische Versuch über den Krieg auch nicht gerade besser an.

Nun schläft er
mit dieser alten Hure Tod
der gestern sie dreimal verleugnete.
Nimmst du diese alte Hure Tod
zu deiner dir rechtmäßig angetrauten Frau?
Sprechen Sie mir nach
Ich will, ich will, ich will.
Siebenundsechzig Mal.

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Worum geht es bei Hemingways ‚Der alte Mann und das Meer‘?

Der alte Mann und das Meer
Ein Klassiker: Der alte Mann und das Meer.

Er war ein alter Mann, der allein in einem kleinen Boot im Golfstrom fischte, und er war jetzt vierundachtzig Tage hintereinander hinausgefahren, ohne einen Fisch zu fangen. So verdichtet lässt Ernest Hemingway seine wohl berühmteste Erzählung beginnen. Am 85. Tag fängt der alte Fischer Santiago dann einen Marlin, der so wuchtig ist, dass er ihn nicht an Bord seiner kleinen Schaluppe hieven kann. Er vertäut das Tier deshalb längs an eine Seite des Bootes.

Auf der mühsamen Rückfahrt in sein kleines Dorf vor Kubas Küste wird das einfache Holzboot von einem Schwarm Mako-Haie angegriffen, die Raubtiere fressen den erlegten Marlin bis auf das Gerippe ab. Am Abend kommt der Fischer mit einem Skelett an der Seite seines Bootes in sein Fischerdorf. Der Fischer Santiago hat den Kampf verloren, aber er ist nicht besiegt.

In Würde verlieren. Gerade darum geht es Ernest Hemingway. Am Beispiel des alten Mannes, der geschlagen und mit leeren Händen, in sein armes Dorf zurückkommt. Aber er ist nicht besiegt. Santiago strahlt trotz seiner Niederlage eine menschliche Größe aus, gerade auch weil er sich nicht besiegt gibt und am nächsten Tag mit seinem kleinen Boot wieder herausfahren wird. Und jeder Mensch, das will uns Ernest Hemingway mitteilen, kann seine Würde wahren.

Ernest Hemingway hat sein Gleichnis vom würdevollen Scheitern des einfachen Fischers so beeindruckend erzählt, dass die Menschen – egal ob in Süd oder Nord, ob Hochschullehrer oder Fabrikarbeiter, ob jung oder alt, ob Mann oder Frau – seine Botschaft unterbewusst verstanden haben. Ein schlichter und braver Mensch – also eigentlich wir – muss sich in der Welt behaupten. Er kämpft um seine Würde.

Der Fischer fährt 84 Tage hinaus ohne einen Fisch zu fangen, so wie uns Menschen vielleicht 84 Jahre bleiben, in denen wir uns auf unserem Meer abstrampeln. Und den Sinn suchen. Oder mehr. Schlagen Sie einmal nach, wofür das Symbol des Fisches seit Jahrhunderten steht. Dicke Bücher sind darüber geschrieben worden, Ernest Hemingway kommt mit verständlichen 120 Seiten aus.

Über allem steht das Meer. Für Ernest Hemingway gleicht das Meer einer heiligen Macht, keine menschliche Kraft kann diesem gewaltigen Meer etwas anhaben, es steht über allem. Ersetzen wir das Meer deshalb doch einfach mal durch

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Across the River and into the Trees

AcrosslowAls das Werk im Jahr 1950 erscheint, wird es von der Kritik fast einhellig verrissen. Eine Eigen-Parodie Hemingways sei diese Erzählung wird in den Feuilletons geschrieben, ein peinliches Altherren-Geschwätz.

Die Rede ist von Across the River and into the Trees, in dessen Mittelpunkt der amerikanische Kriegsveteran Richard Cantwell steht. Colonel Cantwell, der beide Weltkriege mitgemacht hat, trifft im Gritti seine junge Geliebte, die wunderschöne Venezianerin Contessa Renata. Der Colonel ist todkrank, verbittert und kriegsmüde. Nur die Liebe zu Renata hält ihn wach, Hemingway ist trotz harter Schale ein Romantiker, die Liebe als das Heilmittel gegen die Wunden des Krieges.

Als Über den Fluss und in die Wälder erscheint, da halten nur wenige Literaturkritiker das Werk für gelungen. Die meisten können mit dem Roman über Venedig und die Lagune wenig anfangen. Die Geschichte um den Oberst Cantwell wird bei Kritik und Lesern als zu gekünstelt abgetan. Auch die Öffentlichkeit nimmt die Erzählung als Enttäuschung auf, Ernest wirkt tief gekränkt.

Man sollte jedoch

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