
Es ist ein stilistischer Kniff, den Ernest Hemingway bis zum Abwinken praktiziert. Einerlei welchen Text man vor sich hat, aus welcher Zeitepoche er stammt – der bärtige Nobelpreisträger von 1954 ist ein Meister dieser Technik. Mitunter ist man geneigt anzumerken, es sei nicht ein Trick, vielmehr ein Tick. Wir reden – sprachwissenschaftlich umschrieben – von Polysyndeton.
Das Polysyndeton ist ein Kunstgriff, der des Öfteren in der geschriebenen wie auch in der gesprochenen Sprache Anwendung findet. Es ist ein rhetorisches Stilmittel, das mehrere Wörter oder Satzteile mit einem gleichen Bindewort – meist „und“ – verzahnt. Der Begriff Polysyndeton stammt aus dem Griechischen und bedeutet „viele Verbindungen“. Er bezieht deshalb sich auf die wiederholte Verwendung von Konjunktionen wie „und“, „oder“, „aber“.
In der sprachlichen Wirkung wird beim Leser oder Zuhörer so Betonung erzeugt, Erhabenheit und Gravität einer Aussage bekräftigt. Die textliche Botschaft bekommt – rhetorisch angereichert – deutlich mehr Gewicht. Schöne Beispiele für das Polysyndeton finden sich zuhauf in der Literatur, im Film und in Reden.
Als Musterfall: Einigkeit und Recht und Freiheit. Hoffmann von Fallersleben: Lied der Deutschen. Die deutsche Nationalhymne. Die Und-Verbindung ist hier tausend Mal besser als eine reine Aufzählung. Einigkeit, Recht, Freiheit. Das schlabbert lose daher, erst mit dem Polysyndeton bekommt die Verkündigung merkbar Kraft. Einigkeit und Recht und Freiheit!
Auch Goethe wusste im Erlkönig locker: Und wiegen und tanzen und singen dich ein. Durch die Verbindung von Elementen mit Hilfe der gleichen Konjunktion entsteht so eine Satzreihung, die automatisch eine Reduzierung des Lesetempos bewirkt. Dafür wird der Satz-Rhythmus betont, das Metrum, der Inhalt wiederum gewinnt an Gewicht.
Das Gegenstück zum Polysyndeton ist das Asyndeton. Bindewörter werden dabei absichtlich weggelassen, um eine Rasanz in die Prosa zu bekommen. Beim Asyndeton erfolgt die Aufzählung nur mittels Kommata, die Aussage gewinnt so an Schnelligkeit. Veni, vidi, vici. Ich kam, ich sah, ich siegte. Will man erhabenerweise verlangsamen, dann verwendet man besser Satzverknüpfer, am wirksamsten wohl das „und“. Et veni et vidi et vici. Und ich kam, und ich sah, und ich siegte.

Man beachte den letzten Satz des ersten Abschnitts von In einem andern Land. Ernesto, das ist Polysyndeton bis der Arzt kommt!
Ernest Hemingway weiß dies und als Schriftsteller – musikalisch vorgebildet – spürt er den Rhythmus und die Melodie seiner Sätze. Der Nobelpreisträger von 1954 ist ein Meister dieses polysyndetonischen „und“, es spielt im sprachlichen Arrangement seines Stils eine