Das Portal zu Leben und Werk von Ernest Hemingway

Autor: Wolfgang Stock Seite 42 von 68

Ernest Hemingway und Black Dog

Ernest Hemingway mit Black DogFinca Vigía, Kuba, im Herbst 1949.
Photo by Paul Radkai, by courtesy of Marton Radkai.

Neben den zahlreichen Katzen auf seinem Anwesen in Kuba kümmert sich Ernest Hemingway mit Hingabe um die Hunde. Besonders an Black Dog hängt sein Herz. Black Dog, ein schwarzzotteliger Spaniel, ist ihm bei der Jagd zugelaufen in einer Skihütte im Sun Valley, halb verhungert und menschenscheu.

Der berühmte Schriftsteller hat sich des malträtierten Tieres angenommen, den Jagdhund aufgepäppelt und ihn aus den Bergen Idahos dann mit nach Kuba auf seine Farm genommen. Nun weicht der treue Freund nicht von der Seite des Ernest Hemingway.

Black Dog kratzt sich, fabuliert der ergraute Nobelpreisträger im September 1956 zu einem Reportagefoto in der Zeitschrift LOOK, das ihn und seinen schwarzen Freund zeigt, er ist alt geworden und kann weder gut sehen noch gut hören. Aber er hat einen gesunden Appetit und liebt das Leben.

Mitte der 1950er Jahre merkt Ernest Hemingway wie seine Lebensenergie von Tag zu Tag abnimmt, mehr als fünf Jahre sollten dem Schriftsteller nicht mehr bleiben. Die Beschreibung von Black Dog liest sich in diesem Zusammenhang so, als sei nicht nur ein Hund gemeint, sondern ebenso jemand auf zwei Beinen.

Machakos ist ein anderer Hund, den Ernest Hemingway ins Herz geschlossen hat. Als im Jahr 1958 ein Militärkommando des auf Kuba herrschenden Diktators Batista mitten in der Nacht die Finca Vigía durchkämmt, auf der Suche nach Waffen der Rebellen, hält Machakos am Tor Wache. Ohne Grund wird der gutmütige Vierbeiner

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Ernest Hemingways Spitznamen

Für alte Freunde: Hemingstein

Es gibt wohl wenige Autoren, die aus einem solch reichhaltigen Fundus an Spitz- und Kosenamen schöpfen können. In der Familie in Oak Park bei Chicago hat man den kleinen Ernest zuerst Pawnee Bill oder Nurnie genannt. Die Schwestern rufen ihn Ernie. Ganz schlimm: Ernestine tituliert ihn die Mutter Grace, die den Jungen mädchenhaft kleidet und ihm einen Pagenschnitt verpasst.

Der Name Ernest entstammt bekanntlich dem Althochdeutschen, hier umschreibt ernust Kampf und Streit und bedeutet – frei übertragen – der Entschlossene oder der Gestrenge. Auch dies eine seltsame Fussnote für einen nicht immer ernsten Mann, der dem Deutschen zeit seines Lebens überaus ablehnend gegenüber steht. Als latinisierte Version gilt Ernestus oder Ernestinus, die angelsächsische Variante lautet dem entsprechend Ernest.

Auf der High School in Oak Park wird Ernest Hemingway von den Mitschülern häufig Nesto gerufen, als Verkürzung von Ernesto. Oder Champ, weil der athletische Kerl so gut im Fach Sport und im Jagen ist. 

Oin oder Oinbones nennt er sich ebenfalls, das ist ein Phantasiename, der Begriff hat nichts weiter zu bedeuten, typisch für ihn. Ernest Hemingway experimentiert gerne mit der Sprache, blödelt herum, ist einem sprachlichen Klamauk nicht abgeneigt.

Als weitere Spitznamen dienen Verballhornungen von Vor- oder Nachname wie Ernestoic, Hem, Hemmy. Auch lässt er sich von alten Freunden Hemingstein nennen. Oder Stein oder Steen, in der knappen Form.

Fathouse Pig, weniger galant, dickes Hausschwein. Diesen Namen gibt er sich selber, wenn er seine Kumpel und die Familie mit Tiernamen belegt. Und Wemedge ist sein Name für

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Ernest Hemingway und Kid Tunero

Ernest Hemingway inmitten seines kubanischen Freundeskreises im Jahr 1956: Mit dem Musiker Bola de Nieve (rechts), Hemingways Hand liegt auf der Schulter des Boxers Kid Tunero.

Auf Kuba pflegt Ernest Hemingway seine Freundschaften, sie sind ihm wichtig. Meist sind es Kubaner oder Exil-Spanier, die zu seinem engen Bekanntenkreis gehören, zu den eigenen Landsleuten hält er eher Abstand. Es ist schon erstaunlich wie mühelos der amerikanische Schriftsteller in seiner neuen Heimat aufgeht – über die Menschen. Der bekannte Musiker Bola de Nieve ist ein guter Freund, ebenso der kubanische Boxer Kid Tunero.

Mit dem schwarzen Boxkämpfer Evelio Celestino Mustelier, der unter dem Künstlernamen Kid Tunero auftritt, ist Ernest Hemingway besonders eng. Über die Jahre hinweg entwickelt sich zwischen dem Nobelpreisträger und dem Sportler eine große Vertrautheit. Ernest Hemingway lässt den wenig begüterten Kid Tunero und dessen Frau und die Kinder lange Zeit auf der Finca Vigía wohnen, als die Hemingways sich auf mehrmonatiger Europa-Reise befinden.

El Caballero del Ring, wie er im Volksmund anerkennend genannt wird, kommt aus ärmlichen Verhältnissen und steigt auf zum Idol auf der Karibikinsel. Ganz an die Spitze reicht es nicht, dem Kavalier des Boxrings fehlt in seinen Kämpfen die letzte Intensität und wohl auch der Killerinstinkt. Doch immerhin schiebt sich Kubas vielbejubelter Mittelgewicht-Champion bis auf den vierten Rang der Weltrangliste.

Ernest Hemingway, wenn er auf Kuba weilt, verpasst keinen Kampf seines Freundes. Kid Tunero gegen Joe Légon, der bärtige Autor schwärmt noch Jahre von diesem Fight. Kid Tunero ist für mich der kompletteste Athlet, den Kuba je hervorgebracht hat. Eines Tages werde ich dir sagen, warum. Wenn es noch Kavaliere auf Erden gibt, dann ist Tunero einer von ihnen. Geradlinig, wortkarg, unkompliziert. Er ist natürlich und einfach, wie das Brot, wie das Gold.

Evelio Celestino Mustelier wird am 19. Mai 1910 in Las Tunas, im Osten Kubas, geboren. Er kann nicht lange zur Schule gehen und arbeitet auf den Zuckerrohrplantagen, als man auf sein Boxtalent aufmerksam wird. Er siedelt dann nach Havanna über und versucht sich als Berufsboxer. Lew Burston wird sein Manager, er bekommt den letzten Schliff, und setzt sich an die boxende Spitze der Insel.

Im Jahr 1935 geht er nach Europa, der schlanke Boxer kämpft in Barcelona und Paris, später kommt er zurück nach Kuba und versucht auf der Insel, an alte Erfolge anzuknüpfen. Im Palacio de Deportes von Havanna beendet Kid Tunero 1948 seine Boxkarriere mit einem Kampf gegen Hankin Barrows. Für viele junge Kerle wird er Vorbild. Vor der Revolution bleibt das Boxen oft die einzige Möglichkeit für die mittellosen Jugendlichen aus ihrer sozialen Misere herauszukommen. Neben der Kriminalität.

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Ernest Hemingway und Jane Mason haben viel Spass

Das Antlitz der Jane Kendall Mason wirkt so lieblich, dass sie in den USA für Pond’s Creme Werbung machen darf.

Zu Anfang zeigt sich Ernest Hemingway hellauf begeistert. Diese Frau, so triumphiert der routinierte Frauenheld, sei die hemmungsloseste Person, die ich jemals getroffen habe. In der Tat ist Jane Kendall Mason eine atemberaubend aussehende Frau. Hochgewachsen, athletisch, gertenschlank, blond leuchtendes Haar, ein ebenmäßiges Gesicht, dazu tritt sie weltgewandt auf, sie liebt das Leben, ihr Körper zuckt voller Energie. Vielleicht ist Jane die Allerschönste, der Hemingway jemals den Hof gemacht hat. Auf alle Fälle nimmt Ernest die Fährte auf.

Jane Kendall Mason erweist sich auf Anhieb als eine Frau ganz nach Hemingways Gusto: Sie mag auf Safari gehen und die großen Tiere jagen, sie kann treffsicher Tontauben schießen, sie ist eine versierte Reiterin, sie liebt das Tiefsee-Angeln und sie kann den Rum, den Whiskey und den Champagner runterschlucken als sei es Heilwasser. Jane Kendall Mason teilt Ernest Hemingways Vorlieben wie keine andere Frau, der Schriftsteller zeigt sich beeindruckt, in den wichtigen Dingen kann sie mithalten, in manchen ihn sogar übertrumpfen.

Als Ernest Hemingway im September 1931 Jane Kendall Mason kennenlernt, da ist sie 22 Jahre alt und seit vier Jahren mit George Grant Mason verheiratet, dem Präsidenten der PanAm auf Kuba. Der Schriftsteller befindet sich auf der Île de France auf der Rückkehr von Cherbourg nach New York, zusammen mit der im siebten Monat schwangeren Ehefrau Pauline, Sohn Gregory wird im November zur Welt kommen. Auf diesem Ozeanliner lernen die Hemingways dann Jane und Grant Mason kennen und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Der Autor wird mit dem gut aussehenden Grant nicht so recht warm, dafür verstehen sich Pauline und Jane umso besser.

Jane Mason ist eine Frau, das merkt Ernest Hemingway nach wenigen Treffen, die sich in ihrem Ehealltag langweilt und auf der Suche ist nach sexuellen Abenteuern. Zunächst entwickelt sich eine Freundschaft zwischen dem Autor und der jungen Frau. Im April 1932 werden Ernest und Jane dann ein Liebespaar. Der Schriftsteller lebt

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Ernest Hemingway besucht Pío Baroja

In Madrid, am 9. Oktober 1956, besucht Ernest Hemingway den baskischen Kollegen Pío Baroja am Krankenbett.

Anfang Oktober 1956 will Ernest Hemingway in Spanien den todkranken Pío Baroja in seinem Haus in der Calle Ruiz de Alarcón 12 besuchen, sein Freund José Luis Castillo-Puche hat den Besuch in Madrid arrangiert. Hemingway bewundert diesen baskischen Autor, der so vornehm und gewissenhaft mit der Sprache umzugehen pflegt.

Obwohl die beiden Männer so grundverschieden erscheinen, möchte der Amerikaner dem sterbenden Kollegen Trost und Kraft spenden. Denn Ernest Hemingway ahnt, wie schwer das Sterben ist. Besonders für einen Schriftsteller, der doch jeden Satz für die Ewigkeit denkt und für den jedes Buch als trotzige Auflehnung gegen die Vergänglichkeit angelegt ist.

Für Ernest Hemingway ist es in Madrid fast so, als ob ein Vater stirbt. To You, Don Pío, schreibt der Amerikaner dem Spanier eine Widmung, who taught us so much when we were young and wished to be writers. Für Dich, Don Pío, der uns so viel beigebracht hat, als wir jung waren und Schriftsteller werden wollten.

Und der Amerikaner will Pío Baroja sagen, dass nicht er, Ernest Hemingway, den Nobelpreis verdient habe, denn er sei ja nur ein einfacher Abenteurer. Und was wird der sterbende Pío Baroja auf Hemingways Tiefstapelei antworten? „Caramba!“, wird der greise Mann rufen, einfach nur „caramba!“. Man kann diesen schillernden Ausruf schwer fassen, denn im Spanischen passt er eigentlich immer. Er kann Donnerwetter! meinen, aber auch Zum Teufel damit!

Der Mann aus Chicago wird dem

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Ernest Hemingway in der Sun Valley Lodge

Im oberen Stockwerk des Sun Valley Lodge, in einer Suite mit eigener Terrasse, residierte Ernest Hemingway. Foto: W. Stock, 2018

Nach dem Spanischen Bürgerkrieg kommt Ernest Hemingway das erste Mal ins Sun Valley. Im September 1939, an der Seite seiner neuen Liebe, der attraktiven Journalistin Martha Gellhorn. In jenen Jahren ist Ketchum noch ein schläfriges Bergarbeiternest in Idaho von gerade einmal 100 Bewohnern, die überwiegend in den Silberminen arbeiten.

In der oberhalb des Dorfes gelegenen Sun Valley Lodge wohnt das junge Liebespärchen in Room 206 im oberen Stockwerk, in einer plüschigen Suite mit zwei Schlafzimmern und eigenen Bädern, mit einem großen Schreibtisch im Living Room und einer zimmergroßen Eckterrasse mit Blick auf die Berge. Nach einigen Renovierungen und Änderungen trägt die Suite heute die Nummer 338.

Vormittags schreibt Ernest Hemingway an der Endfassung von Wem die Stunde schlägt, nachmittags zieht der Autor mit Martha zum Jagen und Fischen durch die naturbelassene Berglandschaft der Rocky Mountains. Schnell hat der Schriftsteller sich in das Tal verliebt, es erinnert ihn an seine unbekümmerten Jugendausflüge an die Seen in Michigan. Drei Monate bleiben die Turteltäubchen im Sun Valley.

Schnell schließt Ernest Hemingway Freundschaft mit Einheimischen. Mit Lloyd Arnold, der als Fotograf in der Sun Valley Lodge arbeitet und wo seine Frau Tillie den Souvenirshop betreut. Mit Pappy, wie Lloyd von Freunden genannt wird, geht der Schriftsteller häufig auf Jagd am Silver Creek, ebenso wie mit dem Manager der Lodge, Taylor Williams.

Die meisten Hemingway-Fotos aus Ketchum und dem Sun Valley stammen von Lloyd Arnold, die Beziehung zwischen Ernest und Lloyd, so erinnert sich Tillie, „ist eine Verbundenheit gewesen mit viel Lachen, mit Scherzen, mit Veralbern und mit freundschaftlichem Necken.“ Als Pappy im Jahr 1970 stirbt, zieht Tillie Arnold für zwei Jahre in das Ketchumer Hemingway House zu Mary, der Witwe von Ernest.

Vom Zentrum Ketchums bis zur vornehmen Sun Valley Lodge sind es zwei Kilometer Richtung Nordosten in die Berge. In dem viergeschossigen Haupthaus im Landhaus-Stil mit seinen Nebenhäusern, Geschäften und Restaurants fühlt man sich sogleich in die Tiroler Bergwelt zurückversetzt, vielleicht ein wenig zu amerikanisiert. Einerlei, America is great, wer es begreifen will, muss hierher.

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Die Tiroler Bergwelt in den Rocky Mountains. Die Sun Valley Lodge in Ketchum, Idaho. Foto: W. Stock

Die Sun Valley Lodge gipfelt noch heute in dem elitären Anspruch von damals: exklusive Suiten, gehobene Restaurants, Leseräume mit Kamin, aufmerksame Pagen. Alles vorhanden, was der Tourist für gute Dollars erwarten darf. Fotos mit Ernest Hemingway finden sich dezent, aber unüberschaubar, auf den langen Fluren der Lodge. Der Eigentümer Averell Harriman, ein Marketing-Genie, ließ den Schriftsteller zwei Saisons hintereinander kostenlos beherbergen. Man spricht noch heute darüber.

Das Sun Valley Resort gilt als das Prachtstück eines exklusiven Tourismus in der Region. Im Winter fallen

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Im Hürtgenwald verzweifelt Ernest Hemingway am Krieg

Mit der Kriegsverherrlichung des Ernest Hemingway hat es ein Ende nach dem Abschlachten im Hürtgenwald bei Aachen.

Für das amerikanische Wochenmagazin Collier’s hat Ernest Hemingway von der Landung in der Normandie berichtet und über die Befreiung von Paris geschrieben. Nun steht der berühmte Kriegskorrespondent an der deutschen Westfront, wo die US-Truppen vom heftigen Widerstand der Wehrmacht überrascht werden. Die Siegfried-Linie ist überwunden, doch der Hürtgenwald zwischen Aachen und Düren wird im Winter 1944/1945 eine der blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs erleben.

Die Verluste auf beiden Seiten sind erschreckend, in dem unübersichtlichen Waldgebiet fallen die Soldaten zu Tausenden. Wir bekamen Ersatz, aber ich kann mich erinnern, dass ich dachte, es wäre einfacher und zweckdienlicher, sie direkt in der Gegend zu erschießen, wo man sie auslud, anstatt den Versuch zu machen, sie von dort, wo sie getötet werden würden, zurückzuschaffen und zu begraben. Die Kriegsverherrlichung des Ernest Hemingway weicht im Hürtgenwald zunächst einem kalten Zynismus.

Nach achtzehn Tagen an der Front des Hürtgenwaldes kehrt der Schriftsteller Anfang Dezember 1944 zurück nach Paris, desillusioniert und krank, eine Lungenentzündung plagt ihn, er macht sich schnell auf in die USA, von dort zu seinem Wohnort Finca Vigía. In Kuba angekommen, fällt Ernest Hemingway in eine tiefe Depression. Der Hürtgenwald ist das nackte Grauen gewesen, weit jenseits der Grenze dessen, was der Mensch dem Menschen antun darf. Wenn für die Brutalität, weil sie jede menschliche Vorstellungskraft sprengt, auch die Worte fehlen, dann braucht es einen literarischen Großmeister, um das Geschehen für die Nachwelt in Sätze zu fassen. 

Und so erwartet nun alle Welt von Ernest Hemingway den großen Anti-Kriegsroman, einen Roman, in dem er abrechnet mit all dem Terror und Völkermord. Doch von Ernest Hemingway kommt nichts. Im Jahr 1950 erscheint eine nette Erzählung, Across the River and into the Trees, in dessen Mittelpunkt der amerikanische Kriegsveteran Richard Cantwell steht. Colonel Cantwell, der beide Weltkriege mitgemacht hat, trifft im Gritti seine junge Geliebte, die wunderschöne Venezianerin Contessa Renata. Der Colonel ist krank, verbittert und kriegsmüde. 

Als Über den Fluss und in die Wälder erscheint, da halten nur wenige Literaturkritiker das Werk für gelungen. John Dos Passos, der Freund, schreibt ernüchtert über das Werk: „Wie kann ein einfühlsamer Mann wie er nur solch einen Scheißdreck zu Papier bringen?“ Dos ist nicht der einzige, der mit dem Roman über Venedig und die Lagune wenig anfangen kann. Der Geschichte um den Oberst Cantwell und die Contessa Renata wird bei Kritik und Lesern als zu geschwätzig und zu gekünstelt abgetan. Seine Leser nehmen die Erzählung als Enttäuschung wahr, Ernest zeigt sich gekränkt.

Trotz einiger Schwächen besitzt

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Ernest Hemingway und Camilo José Cela

Ernest Hemingway trifft Camilo José Cela in Spanien im Jahr 1956.

Im September und Oktober des Jahres 1956 bereist Ernest Hemingway Spanien. Er schaut sich das Land seines Herzens von neuem an, jahrelang hat der Amerikaner sein Lieblingsland nicht besuchen dürfen. Erst im Sommer 1953 erlaubt das franquistische Regime dem Schriftsteller die Einreise nach Spanien. Der klamme Diktator erhofft sich von dem Besuch des weltbekannten Autors einen Propagandaerfolg und eine Ankurbelung des Tourismus.

Bei seinem Besuch im Jahr 1956 wohnt Ernest Hemingway einigen Corridas bei und trifft sich mit einheimischen Schriftstellern. Unter den Kollegen, die mit dem bärtigen Nobelpreisträger zusammen kommen, befindet sich auch Camilo José Cela, ein galizischer Autor vom Jahrgang 1916. Die beiden laufen sich im El Escorial über den Weg, der Klosterburg im Nordwesten von Madrid.

Dem Spanier fällt auf, Ernest Hemingway gibt sich als ein Kollege ohne Dünkel, jemand, der über den Konventionen steht. Man ist sich sogleich sympathisch. Cela, der in Palma auf Mallorca lebt, kränkelt zeit seines Lebens, in frühen Jahren schlägt er sich mit einer heftigen Tuberkulose rum. Trotzdem wird ihm ein langes Leben vergönnt bleiben, er stirbt im Jahr 2002 in Madrid, im Alter von 85 Jahren.

Über die Jahrzehnte wird Camilo José Cela, in Iria Flavia geboren, südwestlich von Santiago de Compostela, zu einem der wichtigsten Schriftsteller seines Landes. Wie so viele spanische Autoren wirkt er als literarischer Generalist, als Romancier, Essayist, Philosoph und Journalist in einem. Auch er, ein Grande von eher konservativer und besonnener Art, erhält aus Stockholm den Nobelpreis für Literatur, im Jahr 1989, genau 35 Jahre nach Ernest Hemingway.

Das bekannteste seiner über 70 Werke heißt La Colmena, die Erzählung Der Bienenkorb spielt im Madrid der 1940er Jahre. Szenischer Treffpunkt ist das Café der Doña Rosa, wo die Fäden der unterschiedlichen Lebensgeschichten des vom Bürgerkrieg gezeichneten Kleinbürgertums zusammenlaufen. Cela schildert den Alltag in den Hinterhöfen und Absteigen, die persönlichen Schicksale von Liebe, Suff und Enttäuschung.

Erst durch diesen fein verschachtelten Roman hält das wegen Franco isolierte Spanien Anschluss an die moderne Weltliteratur. Obwohl Camilo José Cela im franquistischen Apparat durchaus Förderer besaß, wurde sein Buch wegen seiner erotischen Passage und der offenen Darstellung der sozialen Wirklichkeit Spaniens auf die schwarze Liste gesetzt. Die Erstausgabe erschien 1951 daher in Argentinien, erst vier Jahre später durfte der Roman in einer veränderten Fassung in Barcelona herauskommen.

Camilo José Cela, seit 1957 Mitglied der Real Academia de la Lengua Española, wird sich nach Ende des Franquismus auch politisch engagieren. Nach dem Tod des Diktators im Jahr 1975 und im Übergang zur Demokratie wirkt er von 1977 bis 1979 als von König Juan Carlos ernannter Senator an der Erarbeitung der neunen demokratischen Verfassung Spaniens mit. Fortan gilt er als einer der großen Intellektuellen des Landes.  

Celas Schreibstil wird als Tremendismo bezeichnet, ein Stil, der mit einer ungeschminkten Darstellung der sozialen Probleme einher geht, der Weg zur Verlorenen Generation ist nicht weit. Camilo José Cela gilt als der Schriftsteller Spaniens, der Ernest Hemingway literarisch am nächsten steht. Beide eint ein realistischer Blick auf die Wirklichkeit, eine poetische Sprachmelodie und – trotz aller Widrigkeit – eine spürbare Lust am Leben.

Was ihn bei der Begegnung mit Hemingway beeindruckt habe? Die

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Trail Creek Cabin, wo Ernest Hemingway feierte

An der Trail Creek Road, dort wo der Wald anfängt, liegt die Trail Creek Cabin. Auch Ernest Hemingway hat hier gerne gefeiert. Foto: W. Stock, 2018

Zwei, drei Kilometer oberhalb des kleinen Ortes Ketchum, gegenüber vom Sun Valley Gun Club, befindet sich am Waldrand die Trail Creek Cabin. Wenn wohlhabende Bewohner des Tals und kaufkräftige Winterurlauber feiern wollen, wenn ein Geburtstag oder eine Hochzeit ansteht, dann wird dieses erlesene Restaurant gewählt. 

Illustre Persönlichkeiten kommen in die entlegene Region des Sun Valley nach Idaho, eine Art Kitzbühel in den Rocky Mountains. Prominente wie Lucille Ball, Gary Cooper, Jane Russell oder Clark Gable, eine dezente Party-Location darf aus diesem Grund nicht fehlen. Die Cabin, nicht weit vom heutigen Hemingway Memorial entfernt, liegt fernab vom Zentrum des Dorfes im Tal, hier kann man lange und laut feiern, und man bleibt unter sich.

Auch Ernest Hemingway hat fleißig mitgemischt. Es gibt Fotos von ihm in der Trail Creek Cabin, tanzend mit seiner dritten Ehefrau Martha Gellhorn oder trinkend an der Bar mit seinem Freund, dem Fotografen Robert Capa. Er ist zu sehen mit Gray Cooper und Ingrid Bergman, ausgelassen bei einer guten Flasche Wein. Der Tag des Schriftstellers folgt meist einem festen Schema im Sun Valley: vormittags schreiben, nachmittags jagen in den Wäldern und Auen und abends ausgelassen feiern.

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Zwei Jahre nach der Eröffnung, im Jahr 1939, besucht Ernest Hemingway erstmals die Trail Creek Cabin.  Foto: W. Stock, 2018

An der Trail Creek Road oberhalb von Ketchum, fußläufig von der Sun Valley Lodge entfernt, wird die exklusive Lokalität im Jahr 1937 errichtet, im edlen Landhaus-Stil mit viel Holz und wenig Zement. Das Anwesen liegt oberhalb des Bachs Trail Creek und bietet eine wunderbare Aussicht auf die Bald Mountain, einen Ausläufer der Rocky Mountains.

Und in der Partyhütte oberhalb der Sun Valley Lodge wird noch

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Ernest Hemingway als Ikone der Werbung

Noch vor der Mondlandung: Ernest Hemingway in der US-Werbung. Für Mercedes-Benz natürlich.

Dieser Ernest Hemingway ist, so würde das moderne Marketing sagen, ein Markenartikel. Jeder, der den Namen hört, gewinnt im Kopf ein Bild, für welche Werte und für welchen Lebensstil dieser Mann steht. Ernest Hemingway ist, obwohl er doch schon so lange tot ist, noch heute eine Werbe-Ikone. Ein Influencer zudem, wie man in diesen Tagen wohl sagen würde.

Wenn man diesem Ernest Hemingway auf den Fersen bleibt, dann kriegt man über die Jahre hinweg, besonders in Sachen Merchandising, einige Sachen zu sehen, die einen erstaunen lassen vor soviel werblichem Einfallsreichtum: Wanduhren mit seinem Portrait, massenweise T-Shirts, Kaffeebecher, iPhone-Hüllen mit seinem Antlitz, Sonnenbrillen auf seinen Namen, Zigarettenetuis, Hemingway-Seife mit Tabak-, Rum- oder Zedernduft, Body Lotion, Schlüsselanhänger, Manschettenknöpfe.

Damit nicht genug. Auch schon gesehen: Hemingway-Krawatten, Pullover und Bademäntel, Schuhe, auf denen die Marke ‚Hemingway‘ steht, Hotels, Gasthäuser und natürlich Kneipen, die so heißen wie er, Rum-Sorten und Schnaps-Variationen, Sonnen-Kappen mit Hemingway-Zitat, Küchenschürzen oder gleich eine ganze Küchenzeile, alles mit Ernest Hemingway dran, drin oder drauf. Dazu Münzen, Geldscheine, Briefmarken, aus aller Welt, von USA bis Afrika.

Und sollte einmal ein ‚Hemingway‘ in Form eines Autos durch unsere Straßen brettern, es müsste ein

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