Das Portal zu Leben und Werk von Ernest Hemingway

Kategorie: Kuba Seite 9 von 11

Guillermo Cabrera Infante und Ernest Hemingway

Guillermo Cabrera Infante Puro Humo

Guillermo Cabrera Infante, Puro Humo

Der Mann gehört ohne Zweifel in die Top Ten der lateinamerikanischen Schriftsteller. Für mich gehört er in puncto Lesegenuss sogar auf das Medaillentreppchen.

Da gibt es Tres tristes tigres, ein verschachteltes Epos, das ein munteres Sittengemälde des vorrevolutionären Havanna abbildet. Oder das launige Puro Humo. Ein Buch, in dem es vordergründig um Zigarren und Tabak geht, das in Wirklichkeit jedoch als ein quirliger Streifzug durch Politik und Kultur der Karibikinsel angelegt ist.

Keine Diskussion, der Mann kann schreiben wie ein König. Guillermo Cabrera Infante. Also noch einer auf Kuba, zwei Könige von Gewicht auf der Insel.

Guillermo Cabrera Infante, Jahrgang 1929, macht sich bereits in jungen Jahren in Havanna als Filmkritiker einen Namen. Unter dem Pseudonym G. Caín, einer Abkürzung seines Namens, schreibt er für das Wochenmagazin Carteles, später wird er dann Redakteur von Revolución. Mitte der 60er Jahre überwirft sich Cabrera Infante mit Castro und dem Regime, und geht ins Exil nach London, wo er 2005 stirbt.

Ein halbes Dutzend Mal berühren sich die Lebenslinien von Cabrera Infante und Hemingway. Da kann man einen fabelhaften Artikel lesen, in dem Guillermo Cabrera Infante eine Feier zu Ehren des Nobel-Schriftstellers beschreibt. Das Stück unter der Überschrift El viejo y la marca ist in der Zeitschrift Ciclón vom September 1956 erschienen.

Und Guillermo Cabrera Infante hebt sacht an:

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Ernest Hemingway und die Freundschaft

Cabo Blanco Peru

Ernest Hemingway und Freunde in Cabo Blanco, Peru 1956

Ernest Hemingway ist glücklich, wenn er seine Freunde um sich scharen kann. Für einen Mann, der sich für einsam hält, habe ich doch viele Freunde, sagt der Schriftsteller einmal. Ernest Hemingway liebt es, Menschen um sich zu haben.

Ernest Hemingway, und das mag bei einen Schriftsteller zunächst erstaunen, hasst die Einsamkeit. Er kann nicht alleine sein, er muss Leute und Trubel um sich spüren. Tief in ihm brodelt die Angst vor der Verlorenheit. Diese alltäglichen Vorboten der Verlassenheit kommen Ernest Hemingway wie ein kleiner Tod vor. Andersherum gesagt, wenn er sich in der Gemeinschaft von Menschen befindet, von Menschen, die er mag, dann lebt er. Er lebt und er lebt auf. Denn das braucht er.

Um in den inneren Freundeskreis des Ernest Hemingway vorzudringen, bedarf es mindestens drei Grundvoraussetzungen: man muss gut saufen können und der Jagd auf lebende Tiere etwas abgewinnen können. Und drittens, den Schriftsteller ein wenig anzuhimmeln, kann nun auch nicht gerade schaden.

Ein wenig anhimmeln, ein schönes Bild. Manchmal, wenn

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Hemingway, Kartoffel, Papst oder auch gar nichts

Papa Ernest Hemingway

A. E. Hotchner, Papa Hemingway

Warum lässt ein kerniger Mann, der mit Familie und Kindern nicht so viel am Hut hat, sich eigentlich Papa rufen? Auf Kuba, wo Ernest Hemingway über 20 Jahre gelebt hat, nennt ihn die halbe Insel so. Papa heißt er für gute Freunde, Mister Papa für jene, die ihm nicht so nahe stehen.

Mister Hemingway sagt so gut wie keiner. Eher Señor Hemingüey oder, ebenfalls kubanisch verballhornt, Mister Güey. Auch hört man gelegentlich Mister Way oder manchmal bloß Ernesto – es ist sehr engen Freunden vorbehalten. Jedoch Papa, dieses Papa, das bleibt sein klarer Favorit.

Im Spanischen bedeutet Papa allerlei. La papa, feminin, ist die Kartoffel. El Papa wiederum, maskulin, steht für Papst, jenen in Rom. Womit wir der Sachen schon ein wenig näher kommen. Papá, Betonung auf dem zweiten Vokal, umschreibt den Vater der Kinder.

Wenn man bei uns in Deutschland Bahnhof versteht, sagt man auf Kuba oft yo no entiendo ni papa. Ich versteh‘ nicht mal Kartoffel. Wenn man also rein gar nichts kapiert. Nichts, nada, Kartoffel.

In Lateinamerika kann man schon mal einen alten Kumpel mit einem hola Papa begrüßen. Also einem hey Alter, was dem Buddy oder Bro‘ im Neu-Englischen sehr ähnlich kommt.

Wie auch immer, das väterliche und päpstliche Papa besitzt schon vom Klang her etwas Patriarchalisches. Das Oberhaupt der Familie oder der Glaubensgemeinschaft, das trifft es am besten. So mag sich Ernest Hemingway sehen, jedenfalls wenn er Kleidung anhat.

Dieser Mann mit dem himmlischen Bart inszeniert sich für

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Halb Hollywood kommt nach Cojímar

TOMATSFilm

The Old Man and the Sea

Nicht nur Ernest Hemingway besucht das kleine kubanische Fischerdorf Cojímar, das nicht weit im Osten von Havanna liegt. In seinem Schlepptau bringt er – jedenfalls für einige Wochen des Jahres 1956 – auch halb Hollywood mit.

Viele Sequenzen des Spielfilms The Old Man and the Sea mit Spencer Tracy sind hier in Cojímar gedreht worden, erklärt mir ein alter Fischer, der einen breitkrempigen Sombrero aufhat. Noch heute erinnern sich die Alten im Dorf lebhaft an die Dreharbeiten.

Fünfundzwanzig Pesos haben sie als Komparsen bekommen, sagt der Alte, eine Menge Geld damals. Dafür habe Don Ernesto gesorgt. Denn er war ihr Freund, Ernest Hemingway war ihr Patron. Der ehemalige Statist führt uns zur Playa de Cachón, wo die pittoresken Boote der Marlin-Fischer, ganz wie damals, im feinkörnigen Sand vor sich hindösen.

Don Ernesto liebt dieses bescheidene und einfache Fischerdorf. Und in dem Film hat der Schriftsteller das doch etwas verschlafene Cojímar auf Zelluloid für die Ewigkeit gebrannt. Das wird ihm nicht vergessen. So wie der Der alte Mann und das Meer ein Film über Kubas Fischer geworden ist, so ist er zugleich auch ein Film über Cojímar geworden.

Allerdings steht das großangelegte Hollywood-Epos zunächst unter keinem guten Stern. Regisseur Fred Zinnemann und der Hauptdarsteller Spencer Tracy geraten heftig

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Alfred Eisenstaedt photographiert einen Stinkstiefel

Life Alfred Eisenstaedt

Alfred Eisenstaedt photographiert Ernest Hemingway für LIFE

Der große Alfred Eisenstaedt kommt nach Kuba um den großen Ernest Hemingway zu photographieren. Eisenstaedt, der Staatsmänner und auch allerlei Schurken wie Joseph Goebbels vor der Kamera hatte, gilt bei Kennern der Materie als der Aristokrat unter den Photographen. Weil der gebürtige Pole es so oft schafft, die Brennweite seiner Linse für die Ewigkeit zu stellen.

Ende der 20er Jahre lebt Alfred Eisenstaedt in Berlin, er arbeitet für das Berliner Tageblatt, und flieht 1935 vor den Nazis in die USA. Das Magazin LIFE wird seine neue berufliche Heimat. Eisenstaedts berühmtestes Photo gilt noch heute als ikonisch, es hängt als schwarz-weißes Poster an Tausenden Wänden: Im Freudentaumel nach dem Sieg über die Japaner am 15. August 1945 küsst ein Matrosen am Times Square eine überraschte Krankenschwester.

Und nun Ernest Hemingway. LIFE hat Alfred Eisenstaedt nach Kuba geschickt, um eine Titelstory für die September-Ausgabe des Jahres 1952 zu knipsen. Der Vorabdruck des Kurzromans Der alte Mann und das Meer wird just in jener Ausgabe erscheinen. Dazu braucht die Zeitschrift ein paar bunte Impressionen aus den Tropen.

Doch auf Kuba findet Alfred Eisenstaedt einen mürrischen, herrischen und wegen Kleinigkeiten aufbrausenden Mann vor. Einen alternder Mann, der irgendwie an einem Wendepunkt seines Lebens steht. Der 53-jährige Schriftsteller steckt in der Krise. Der Nobelpreis für Der alte Mann und das Meer ist noch nicht da, aber auch dieser sollte die Krise bestenfalls hinauszögern.

Alfred Eisenstaedt kriegt auf Finca Vigía tagelang den Stinkstiefel vorgeführt: Einen Angeber, den 

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Ernest Hemingway? Ernesto!

FiestaErnesto

Zaragoza, Oktober 1956. Von Ernesto Hemingway.

Ernest Hemingway hat Tausende von Büchern und Photos signiert. Und wenn er sich dabei in besonderer Laune befindet, oder gar in tropischen Breiten weilt, oder in Spanien, dann rutscht dem Ernest als Signatur oft ein Ernesto aus der Feder.

Sicher, dieser Ernest Miller Hemingway aus Oak Park bei Chicago ist ein US-Amerikaner, ein Gringo, aber irgendwie scheint er durch zu sein mit seiner Heimat. Auf Kuba hingegen, auf Finca Vigía, findet er sein Refugium.

Ernest Hemingway mag die Kubaner und die Kubaner mögen Ernest Hemingway. Auf der Insel, in Havanna, in San Francisco de Paula oder in Cojímar ist der Autor bekannt wie ein bunter Hund.

Wo immer Ernest auftaucht, er wird rasch von einer Menschentraube umringt und man hört die Menschen laut und heiter Papa, Papa rufen. Oder sie sagen zu ihm Mister Papa. Manchmal nennen sie ihn auch kubanisch verballhornt Mister Heminguey.

Egal wie man ihn nennt oder ruft, es endet in Liebe. Hemingway kann gut mit den einfachen Menschen, die entspannt und unbeschwert im hier und heute leben und nicht wie die Eierköpfe aus seinem Land alles hinterfragen und überdenken. Das Unverkrampfte und die Genügsamkeit des Alltags auf Kuba ziehen ihn an, denn es ist ihm ein Graus, viel nachzudenken, weil es am Leben hindert.

Ernest Hemingway mag die Kubaner und genauso mag der die karibische Lebensart. Auf Finca Vigía wird der bärtige Schriftsteller zu dem Menschen, der er immer sein wollte. Der Familienvater, der Frauenheld, der Freund des Meeres, der Lebemann, jedenfalls einer, der das Leben in vollen Zügen genießt.

Auf Kuba stolziert Ernest Hemingway nicht als gefeierter Autor durch den Tag, auch nicht als Nobelpreis auf zwei Beinen, sondern als einfacher Mensch. Auf Finca Vigía ist er der Mann, der sich mehr oder weniger als ein Kubaner fühlt, und den die Einheimischen wohl auch deshalb Don Ernesto nennen. Und dieses Ernesto, Hemingway weiß um die Kraft der Sprache, festigt sich über die Jahre mehr und mehr zum Glaubensbekenntnis. Beidseitig.

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Mr. Papa Hemingway, En Sus Manos

Mr. Papa Hemingway

Mr. Papa Hemingway bekommt Post von Roberto Herrera Sotolongo

Ein ziemlich altes Kuvert, von den vielen Jahren arg mitgenommen. Correo Aereo. Air Mail. Per Luftpost.

Ein grauer Briefumschlag, wahrscheinlich aus den 50er Jahren. Auch schon ein wenig eingerissen.

Auf der Rückseite des Umschlages steht die Postadresse. Kein Name. Sondern in versaler roten Druckschrift: Finca Vigía, San Francisco de Paula, Cuba. Auf Finca Vigia, der Farm im Süden von Havanna, hat er zwanzig Jahre gelebt.

Auf der Vorderseite des Briefumschlages liest man: Mr. Papa Hemingway. Darunter dann: E. S. M. Das ist im Spanischen die Abkürzung für En Sus Manos. Persönlich für ihn, bitte persönlich übergeben. Für Papa Hemingway.

Das Kuvert hat beschrieben

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Ernest Hemingway und Cojímars Fischer

HemDenkmalCojimarBlog

Das Hemingway-Rondell am Hafen von Cojímar. Kuba, im April 1983. Photo by W. Stock

Der Taxifahrer fährt uns die fünfzehn Kilometer aus Havanna heraus, Richtung Osten, wo das Fischerdorf Cojímar liegt. Ein saphirblauer Himmel, das türkishelle Meer und das strahlende Grün der Palmen heißen den Besucher willkommen. Es ist tropisch schwül hier an der karibischen See, und na ja, die Menschen halten ziemlich lange Siesta.

Vor der menschenleeren Hafenpromenade fällt ein sechspfähliges Rondell aus hellem Stein mit einer lebensgroßen Büste ins Auge. Hier sonnt sich Ernest Hemingway. Auf Betreiben des Schriftstellers Fernando Campoamor und mit Hilfe der Fischerkooperative von Cojímar wurde diese Büste, ein Werk des Bildhauers Boada, 1962 aufgestellt, lautet die Inschrift unter dem glänzenden Bronzestein. Ernest Hemingway, steht da, 1898 – 1961.

Hoppla, 1898 als Geburtsdatum, da lassen Cojímars Fischer ihren Don Ernesto allerdings ein Jahr zu früh auf die Welt kommen als in Wirklichkeit. Ein Jahr mehr. Es hätte diesen lebensfrohen Menschen erfreut. Des Dichters Blick zur unendlichen See ist durch die Erosion mit Meersalz leicht getrübt.

In der Nachbarschaft zum Rondell findet sich ein winziger Park. Ernest-Hemingway-Park, weist eine liebevoll angebrachte Widmung aus. Dem unsterblichen Autor von „Der alte Mann und das Meer“, eingeweiht am 21. Juli 1962, seinem 63. Geburtstag. In dankbarem Andenken. Die Bevölkerung von Cojímar.

An jener berühmtesten Erzählung Hemingways, dieser einfachen und ehrlichen Liebeserklärung an den Fischer und das Meer, ist nun wirklich alles kubanisch. Merkwürdigerweise nur

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Yousuf Karsh, der Meister des Lichts

Die Aufgabe eines Photographen ist, etwas aus dem Menschen heraus zu kitzeln. Etwas, das normalerweise unsichtbar bleibt. Am allerbesten hat das dieser Armenier Yousuf Karsh geschafft, der in Kanada lebt. Er wird im März 1957 nach Kuba kommen, Hemingway und er sind zuerst im Floridita, wo sie kräftig einen Daiquirí nach dem anderen heben.

Schnapsselig beginnen die beiden sich so etwas wie anzufreunden. Yousuf Karsh merkt rasch, wie verletzlich Ernest Hemingway hinter seiner rauen Fassade doch geworden ist. Jedenfalls meint der Photograph später, dieser Ernest Hemingway sei der schüchternste Mann gewesen, den er je portraitiert habe. Nach ausgiebiger Sauftour sollen die Aufnahmen dann am nächsten Morgen auf der Finca Vigía stattfinden.

Um neun Uhr morgens auf der Farm komplimentiert Yousuf Karsh dann Ehefrau Mary und seinen Assistenten aus dem Raum, denn der Photograph möchte mit Hemingway alleine sein. Derweil ruft Ernest Hemingway seinem Gast aus der Küche zu: Was möchtest Du trinken? Und der Photograph antwortet knapp: „Daiquirí, Sir!“ Hemingway kann es kaum fassen. Good God, Karsh, johlt der Schriftsteller, at this hour of the day!

Und Yousuf Karsh, der den Daiquirí und ihn so mag, gelingt an diesem Morgen in San Francisco de Paula das wohl schönste

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George Leavens fängt die Sekunde

Ernest Hemingway liest die New York Times, 1949, Finca Vigía, San Francisco de Paula, Kuba;
Photo by George Leavens

Ernest Hemingways Faible für gute Photos rührt daher, dass er als visueller Mensch durchs Leben geht. Erstaunlich für einen Autor, der sich doch eher mit der sprachlichen Abstraktion von Begebenheiten und Bildern beschäftigen sollte. Doch als der liebe Gott diesen Ernest Hemingway formte, da hat er eine schnelle Leitung vom Auge in den Bauch gelegt.

Bild zu Gefühl, so läuft das bei ihm. Die Leitung in den Kopf nutzt er auch ab und an, aber wer sich so zudröhnt wie er, der knipst an manchen Stellen auch gerne mal das Licht aus. Vom Auge in den Bauch, genauso arbeiten die Photographen, jedenfalls wenn sie gut sind und wenn auch ihre Photos gut werden sollen. Ernest mag deshalb die Zunft der Photographen, nicht nur weil sie seine Eitelkeit mästen.

Er sieht sie als Kollegen, auf Augenhöhe, als Künstler mit der gleichen Aufgabe, mit der gleichen Herausforderung und wohl auch mit den gleichen Zweifeln wie er. Viele Photographen lässt er deshalb nah an sich heran, mehr als vielleicht nötig, und auch mehr als vielleicht zuträglich. Doch oft lohnt es sich, die wirklich guten Photographen kitzeln dann noch etwas heraus aus ihm. Oder sie fangen die richtige Sekunde ein.

So wie dieser George Leavens, fast ein Kumpel, der auch auf Kuba wohnt und über die Jahre wundervolle Photos von der Insel und seinen Bewohnern geschossen hat. Ernest Hemingway mag

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