Ernest Hemingway kommt nach Sylt. Nicht richtig. Denn eher kommt Sylt zu Hemingway. Bekannterweise hat Ernest Hemingway die schöne Insel in der Nordsee nie besucht. Er war fast überall, aber hier war er nie.
Also kommt Sylt zu Hemingway. Seit einiger Zeit gibt es ein Hemingway’s auf der Insel. Im Industrieweg 10, hinterm Bahnhof, als Lokalität eines Bowling Centers. Und auch der Bundesliga-Fussball auf sky wird hier gezeigt.
Im Restaurant selbst gibt es dann einen Hemingway-Burger für 9, 90 Euro, mit Pommes. Und als Variante auch einen Hemingway-Burger light, diesmal mit Hähnchen.
The Old Man and the Sea, das noble Werk, ist auf Englisch von einem Amerikaner geschrieben. Aber eigentlich kann es als kubanischer Roman durchgehen.
Denn Der alte Mann und das Meer handelt auf Kuba, die Hauptrollen spielen Kubaner und möglicherweise ist ja auch die Weisheit dieses Buches kubanisch. Ohne Kuba jedenfalls wäre Hemingways Opus Magnum schwer vorstellbar.
Der alte Mann und dasMeer ist ein Kurzroman, der Titel sagt schon alles, über den Menschen und das Meer. Über den Kampf, über Sieg und Niederlage. Ein Roman über das Leben. William Faulkner meint kurz nach Erscheinen im Überschwang, mit diesem Roman und just an diesem Ort auf Kuba habe Ernest Hemingway Gottgefunden.
Das Göttliche entdeckt und das Ideal vollendet, was mag man mehr von Literatur verlangen? Die Zukunft wird zeigen, dass dies das beste Stück Literatur ist, das beste von uns allen wohlgemerkt. Das Göttliche? In Der alte Mann und das Meer finden sich zahlreiche Anspielungen auf die Bibel, manche Leser sehen in dem alten Mann Santiago, der des Abends den Segelmast mit seinen geschundenen Händen sein Dorf hinauf trägt, gar das Abbild Jesu mit dem Kreuz. Auf jeden Fall, unter den kargen Zeilen findet sich ein tiefer Grund.
Als The Old Man and the Sea auf den Markt kommt, da schlägt die Story in den USA ein wie
Im Café Extrablatt in Westerland auf Sylt, das Café mit dem gewissen Extra, so der etwas mutige Slogan. Alles nur einen Steinwurf vom Strand und der wilden Nordsee entfernt.
Ich nippe des nachmittags an einem mittelprächtigen Espresso. Dann doch noch ein Blick in die lange Karte. Verschiedene Frühstücksvarianten werden dort angeboten. American, Italiana, Vital – so weit, so gut. Alles wie nebenan soweit.
Doch dann fällt mein Auge auf eine besondere Speise: Frühstück Hemingway. Für 8,95 Euro. Was um Himmels Willen ist das bloß?
Die Auflösung steht direkt darunter. Man bekommt bei Hemingways Frühstück für sein Geld: Kaffee, Brötchen, Croissant, Marmelade, Käse, Frischkäse, gekochter Schinken, Serrano-Schinken, Salami, Melone. Auf Wunsch auch nur mit Käse.
Also von allem etwas. Frankreich, Spanien, Tropen. Weltweites Allerlei. Also
Jeder trägt so seine kleinen Vorurteile mit sich herum. So auch ich, als ich erstmals von diesem Buch hörte. Die Welt ist so voll von Schnurren und Geschnatter über den Schriftsteller und es gibt genug Leute, die schwarz im Transrapid „Ernest Hemingway“ fahren.
Doch als ich Running with the Bulls – My Years with the Hemingways aus der Hand lege, bin ich angetan. Valerie Hemingway überzeugt als eine vorzügliche Schreiberin und ihr Buch hat wirklich etwas zu erzählen.
Valerie Danby-Smith, so der Mädchenname, ist eine interessante Person. Die Irin, Jahrgang 1940, kommt aus Dublin und lernt Hemingway 1959 in Madrid, während des San Isidro Festivals, kennen. In Spanien arbeitet sie als Kindermädchen und Journalistin und will nun den Nobelpreisträger für die Irish Times interviewen.
Ernest Hemingway bittet ins Hotel Suecia, Suite 809, wo er mit Ehefrau Mary logiert. Man findet Gefallen aneinander, Ernest lädt Valerie zum Stierkampf-Rennen nach Pamplona ein. Später stellt er sie als seine Sekretärin ein, für gute 250 Dollar im Monat.
Valerie bleibt an Hemingways Seite. Man fährt nach Málaga, in die Provence, nach Paris. Und im Januar 1960 zieht Valerie in die Gästewohnung der Finca Vigía auf Kuba ein. Die junge Frau erhält Einblicke in Hemingways Spätwerk und auch in seine letzten beiden Lebensjahre wie keine andere Person, Familie vielleicht ausgenommen.
Den Nachnamen Hemingway erhält Valerie Danby-Smith später, als sie
Ernest Hemingway und Eduard Ingriš; Cabo Blanco, Mai 1956.
Als die Kommunisten 1948 in Tschechien die Macht übernehmen, ist Eduard Ingriš schnell abgehauen. Mit lediglich 50 Dollar in der Tasche, mehr hat man dem in Böhmen Geborenen nicht von seinem Vermögen gelassen. Doch Freiheit und Unabhängigkeit sind ihm wichtiger als alles Materielle.
Das Schicksal verschlägt ihn nach Südamerika, zuerst nach Brasilien, dann nach Peru. Es wird ein buntes Leben, das dieser Eduard Ingriš nun führt.
Man mag ihn nicht nur als einen unabhängigen Geist bezeichnen, zudem ist Eduard Ingriš ein verwegener Abenteurer und auch ein feinfühliger Schöngeist. Ein Mann von tausend Talenten: Komponist, Dirigent, Kameramann, Entdecker.
Im Mai 1956 hat Ernest Hemingway sich mit Eduard Ingriš in Cabo Blanco, an der peruanischen Nordküste, getroffen und lange unterhalten. Dieser Eduard Ingriš ist ein Mann ganz nach Hemingways Geschmack. Ingriš arbeitet als Photograph und Filmemacher, macht sich aber auch als Komponist einen Namen. Einige Jahre arbeitet er als Leiter des Orquesta Sinfónica Nacional, des Nationalen Symphonie Orchesters in Lima.
Doch vor allem als Abenteurer geht er durch die Medien: Mit einem einfachen Balsa-Floss hat Eduard Ingriš die Welt des Pazifik erkundet. Mit der Kantuta I fährt er im Jahr 1955 über Galapagos in Richtung Clipperton Island. Die Expedition scheitert. Doch Eduard Ingriš gibt nicht auf.
Im Jahr 1959 sticht er mit der Kantuta II in die Südsee nach Polynesien. Diesmal
Ernest Hemingway auf Torcello, Dezember 1948; Photo by Dino Jarach
Ernest Hemingway mag diesen Italiener aus Mailand, Dino Jarach, der ihn damals im Winter 1948 in Cortina d’Ampezzo und in Venedig begleitet hat. Ernest ist verrückt nach Italien, es ist das Land seiner Träume, und er ist diesem Photographen dankbar. Warum? Weil Dino Jarachs Photos zeigen, wie er eins wird mit diesem prächtigen Land.
Am besten gefallen Hemingway die wunderbaren Photos von der Entenjagd auf Torcello. Die Photos von Dino Jarach, der sich eigentlich als Modephotograph einen Namen gemacht hat, sind so strahlend, so klar und so eingängig, dass Hemingway sie betrachtet, als seien sie sorgsam skizzierte Gemälde.
Ernest Hemingway erkennt hinter all den erstklassigen Photos von Jarach und den anderen die hohe Kunst und den Künstler. Und wie man zu schreiben hat, lernt er nicht nur von guter Literatur, sondern auch von guter Malerei und guter Photokunst.
Dino Jarach stammt aus Venedig – gibt es eine bessere Stadt um auf die Welt zu gelangen? – und ist vom Jahrgang 1914. Zwei Leidenschaften treiben den Venezianer an. Das Bergsteigen und die Photographie. Er beginnt als Journalist bei der Agentur ANSA, später gründet er seine eigene Agentur, die Interfoto. Als der Krieg ausbricht, verlässt er Venedig, schließt sich den Partisanen an und kämpft im Trentino und in Südtirol.
Nach dem Krieg werden die Filmfestspiele in Venedig und der Lido zu seinem Revier. Er entdeckt die Welt der Stars und Sternchen. Und er wird zum Photographen des Glamours: Elsa Martinelli, der Schah und Farah Dhiba, Sophia Loren, Monica Vitti, Giulietta Masina oder die Balletteuse Carla Fracci – sie alle werden fabelhaft von Dino Jarach abgelichtet.
Und dann kommt dieser Ernest Hemingway. Der große Hemingway bereist
Die Söhne tragen ihr Päckchen auf der Schulter, aber selbst den Enkeln ergeht es nicht viel besser. Auch auf der dritten Generation von Ernest Hemingway liegt der Fluch. Jacks Töchter Margot Louise, die alle Margaux nennen, und Mariel leiden ebenfalls unter dem Ruhm ihres Großvaters.
Die schöne Margaux bleibt zeitlebens immer nur die Enkelin des großen Ernest Hemingway. Sie macht sich einen Namen als gefeiertes Photomodel, Vogue, Cosmopolitan oder Playboy, die großen Adressen rauf und runter.
Wenn sie sich allerdings als Schauspielerin einen kleinen Patzer leistet, als Modell nicht das Idealmaß mitbringt, sich im Fernsehen verhaspelt, so wird all dies nachsichtig belächelt. Sie ist halt die Enkelin vom Alten, guter Name, Schwamm drüber.
Auch Margaux mag irgendwie keine eigene Persönlichkeit entwickeln. Kein Mann, keine Kinder, keine richtigen Freunde. Margaux torkelt hin und her zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Und es kommt, wie es kommen musste. Alkohol, Drogen, Depression. Ketchum Cemetery, Friedhof von Ketchum. Wie der Großvater. Und wie der Vater.
Und da gibt es noch Mariel. Ja, die kleine, hübsche, blonde Mariel. Sie wird im selben Jahr geboren, als ihr Großvater seinem Leben ein Ende setzt. Und Mariel kommt auch dort zur Welt, wo sich Ernest Hemingway das Leben nimmt. Mariel Hemingway, die Tochter von Jack und Enkelin von Ernest, wird am 22.November 1961 in Ketchum geboren. Ob das verbindet?
Norberto Fuentes, Mitte der 80er Jahre; Photo by W. Stock
Der kubanische Journalist Norberto Fuentes ist Ernest Hemingway schon seit jungen Jahren auf der Spur. Der ehemalige Prensa-Latina–Reporter, Jahrgang 1943, kann vielleicht von allen Menschen am besten über den kubanischen Hemingway berichten.
Norberto ist ein großer Verehrer des bärtigen Schriftstellers aus dem Gringo-Land und jemand, der überhaupt eine Menge zu erzählen hat. Hemingway hat 20 Jahre auf Kuba gelebt, und dass die Welt viel über diese Jahre weiß, das verdanken wir Norberto Fuentes.
Norberto hat 1984 ein wunderbares Buch über Hemingways Jahre auf Kuba veröffentlicht. Ein dicker Schmöker, Hemingway en Cuba. Im Verlag Letras Cubanas herausgegeben, auf billigem Papier und zudem schlecht typografiert, jedoch eine einzige Liebeserklärung von Seite 1 bis 718. Eine Fleißarbeit, mit vielen seltenen Fotos.
Gabriel García Márquez, auf den noch zurück zu kommen ist, schrieb das Vorwort. Norberto hat in seinem Buch alles zusammen getragen, was er über
Der Cabo Blanco Fishing Club, in unseren Tagen, komplett ruiniert. Foto: W. Stock
Nur 17 Jahre fröhliches Dasein waren dem Cabo Blanco Fishing Club gegönnt. Als im Oktober 1968 putschende Offiziere den gewählten Präsidenten Fernando Belaúnde Terry im Morgengrauen aus seinem Bett im Präsidentenpalast in Lima klingelten und den netten älteren Herrn noch in seinem Morgenmantel in Gewahrsam nahmen, da war es auch mit dem Spaß in Cabo Blanco vorbei.
Zwölf Jahre blieb die linke Militärjunta an der Macht und die kommunistische Militärregierung des Generals Juan Velasco Alvarado verstaatlichte die Lobitos Oil, womit das Totenglöcklein für den Cabo Blanco Fishing Club immer lauter schlug. Zwei Jahre später musste der Cabo Blanco Fishing Club endgültig seine Pforte schließen.
Der Niedergang von Cabo Blanco begann jedoch schon Ende der 50er Jahre. Die Industrialisierung des Fischfangs in Nordperu sorgte für eine Überfischung des Pazifik. Die Nahrungskette riss. Erst war der Anchovy rar, dann der Bonito, und ohne Bonito, die Nahrung von Marlin und Schwertfisch, verschwand dann auch der schwarze Marlin.
Der Tourismus brach, wie die gesamte Binnenwirtschaft des Landes, durch die Diktatur der Militärs in den 70ern zusammen und hat sich seither nicht so recht erholt. Selbst in der Hochsaison, die von November bis Februar dauert, finden nur wenige Touristen den Weg an die Nordküste Perus.
Das Anwesen des ehemaligen Cabo Blanco Fishing Clubs ist in diesen Tagen abgesperrt und wird von einem Wachmann mit einem
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